Kiel. Als Folge der Corona-Pandemie hat es in Schleswig-Holstein deutlich weniger Verkehrsunfälle gegeben. Es verunglückten weniger Kinder als in Vorjahren. Doch vor allem Unfälle mit Kleintransportern sorgen Innenministerin Sütterlin-Waack. Sie plant deshalb einen Vorstoß.

Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hat die Einführung von Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer von Kleintransportern analog zu denen bei Lkw gefordert. "Ich werde dazu noch mal einen Vorstoß bei der nächsten Innenministerkonferenz starten", sagte Sütterlin-Waack am Mittwoch bei der Vorstellung des Verkehrssicherheitsberichts in Kiel. Zwar hätten die Innenminister bei ihrem Treffen 2019 bereits über das Thema diskutiert, es sei bislang aber "nix passiert". Die nächste Konferenz ist im Juni in Rust geplant.

Die Ministerin verwies auf den Anstieg der Todesfälle im Zusammenhang von Unfällen mit Kleintransportern bis 3,5 Tonnen und Lkw um 12 auf 32 Fälle im vergangenen Jahr. Laut dem Bericht waren Klein-Lkw bis 3,5 Tonnen (Sprinterklasse) mit 48,3 Prozent überproportional häufig an den 2200 Unfällen mit Güterfahrzeugen beteiligt. Sie hätten mehr als jeden dritten Unfall (fast 37,4 Prozent) mit Personenschaden verursacht, darunter sieben tödliche Unfälle. Hauptunfallursache waren Fehler beim Wenden oder Rückwärtsfahren. "Es ist jetzt an der Zeit, dass die Regelungen für Lkw zu Lenk- und Ruhezeiten auch für Kleintransporter gelten", sagte Sütterlin-Waack.

Insgesamt sind auf Schleswig-Holsteins Straßen im Zuge der Corona-Pandemie 2020 deutlich weniger Menschen zu Schaden gekommen. Die Polizei registrierte 79 822 Unfälle, das waren 13,5 Prozent weniger als 2019. "Insbesondere während des ersten "Lockdowns" von Mitte März bis Ende April 2020 wurde ein erheblich niedrigeres und seit Beginn des 2. Lockdowns im November ein geringeres Verkehrsaufkommen festgestellt", sagte Sütterlin-Waack (CDU). Ein Vergleich zu den Vorjahren sei nur eingeschränkt möglich.

Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Kindern sank im Vorjahresvergleich um 12,8 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Bei 1092 Unfällen wurden im vergangenen Jahr 1003 Kinder leicht (minus 18,4 Prozent) und 114 (minus 6,6 Prozent) schwer verletzt. Ein fünf und ein elf Jahre altes Kind starben als Fahrradfahrer nach selbstverschuldetem Sturz auf die Straße.

Als Grund für den Rückgang gelten vor allem die pandemiebedingten Schul- und Kita-Schließungen sowie die Einschränkungen des Sports. Sütterlin-Waack verwies darauf, dass viele Kinder in normalen Zeiten mit dem Auto zur Schule, in die Kita oder zum Sport gebracht würden. Alternativen seien der Weg zu Fuß oder mit dem Rad. "Kinder müssen lernen, gefährliche Situationen zu erkennen und vorherzusehen sowie Geschwindigkeiten und Entfernungen von Fahrzeugen einzuschätzen. Das lernen sie nicht auf dem Rücksitz im Auto."

Insgesamt kamen 2020 im Land bei 11 097 Unfällen Menschen zu Schaden. Das waren 9,6 Prozent weniger als im Vorjahr. 11 884 Menschen erlitten leichte Verletzungen (minus 12,6 Prozent) und 1988 Personen schwere (minus 11,6 Prozent). 107 Menschen kamen auf den Straßen Schleswig-Holsteins ums Leben, 7 mehr als 2019. "Es ist tragisch, dass wir bei einem Rückgang der Unfälle und der dabei Verletzten mehr Todesopfer zu verzeichnen haben", sagte Sütterlin-Waack.

Nach Angaben von Landespolizeidirektor Michael Wilksen sind Senioren auf den Straßen weiter besonders gefährdet. "Jeder dritte Getötete im Straßenverkehr war 2020 ein Senior." Insgesamt starben auf den Straßen 34 ältere Menschen. Gefährdet sind vor allem Fahrrad- und Pedelec-Fahrer. Insgesamt nahm aber auch die Unfallzahl unter Beteiligung von Menschen ab 65 Jahren im Vorjahresvergleich um 12,6 Prozent auf 4492 Fälle ab.

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