Timmendorfer Strand. Seebrücken sind mehr als schnöde Anlegestege. Sie ermöglichen es aus Sicht des Tourismuschefs in Timmendorfer Strand, dem Meer so nah wie möglich zu kommen. Dort entsteht derzeit ein neues Brücken-Projekt.

Gerade, sanft geschwungen oder im Zickzack - bei den Seebrücken an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins ist der Weg das Ziel. 14 Seebrücken gibt es an der Ostseeküste zwischen Glücksburg im Norden und Niendorf im Süden. Viele von ihnen sind in die Jahre gekommen und werden derzeit erneuert oder umgebaut. So entsteht in Timmendorfer Strand eine Seebrücke als Ersatz für die marode Brücke aus dem Jahr 1976. Auch der Nachbarort Scharbeutz bekommt eine neue "Flaniermeile auf dem Wasser" und die Seebrücke von Grömitz wird durch zwei seitliche Anbauten erweitert.

"Das Aussehen von Seebrücken hat sich in den vergangenen 35 Jahren deutlich verändert", sagt der Ingenieur Bernd Opfermann, dessen Büro in den letzten 30 Jahren zehn der 14 Seebrücken im nördlichsten Bundesland geplant und gebaut hat. "Früher ging die Brücke einfach geradeaus, vorne noch ein Anleger für Fahrgastschiffe, das war’s. Heute will man dort etwas erleben", sagt er. Es seien aber in erster Linie Ingenieurbauwerke die Stürmen, Eis und Wellengang standhalten müssten.

Ein besonderes Erlebnis verspricht auch die neue Seebrücke im Ortszentrum von Timmendorfer Strand, die im August 2022 fertig sein soll. "Sie ermöglicht einen Rundlauf über dem Meer, das ist ziemlich einmalig an der Ostsee", sagt Joachim Nitz, der Tourismuschef der Gemeinde. Aktuell läuft der Abriss der alten Brücke, mit dem Neubau soll im September dieses Jahres begonnen werden.

Erlebnisse versprechen auch die Seebrücken in anderen Orten. Auf manchen kann man heiraten (Heiligenhafen), in der Hängematte chillen (Kellenhusen) oder in einer Gondel in die Ostsee abtauchen (Grömitz). Auf der zweiten Seebrücke in Timmendorfer Strand, der sogenannten Seeschlösschen-Brücke, steht ein Café im Stil eines japanischen Teehauses.

Auch bei den Formen dominiert inzwischen die Vielfalt. Die Seebrücke in Niendorf hat die Form eines Fisches, die in Heiligenhafen die eines Blitzes und die geplante neue Seebrücke am Südstrand auf der Insel Fehmarn soll aus zwei Ebenen bestehen, die sich in der Mitte kreuzen und am Ende wieder verbinden.

"Seebrücken geben der Region das maritime Flair und stellen damit zentrale Attraktionen dar, die auch im Wettbewerb um die Gäste eine wesentliche Rolle spielen", sagt Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Mit mehr als 6,1 Millionen Euro hat sein Haus allein seit 2010 den Umbau von fünf Seebrücken gefördert. Auch beim anstehenden Neubau in Timmendorfer Strand kommen nach Angaben der Gemeinde rund 6,6 Millionen Euro der Gesamtkosten von 7,5 Millionen Euro vom Land.

"Streng genommen ist eine Seebrücke gar keine Brücke, denn sie verbindet nicht zwei Punkte miteinander, sondern endet auf dem Meer", sagt Ingenieur Opfermann. Trotzdem üben diese Stege eine gewaltige Anziehungskraft auf Touristen und Einheimische aus. Es gebe Gäste, deren erster Weg sie nach der Ankunft auf die Seebrücke führe, sagt Nitz. "Diese Brücken befriedigen die Sehnsucht vieler Menschen, dem Meer trockenen Fußes so nah wie möglich zu kommen", sagt er.

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