Kiel. Die ganze AfD ein rechtsextremistischer Verdachtsfall? CDU, SPD, Grüne und FDP im Kieler Landtag begrüßen die Entscheidung des Verfassungsschutzes. Heftiger Protest dagegen bleibt erwartungsgemäß aber auch nicht aus.

Die Einstufung der gesamten AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz stößt im Kieler Landtag auf Zustimmung bei den Jamaika-Fraktionen von CDU, Grünen und FDP sowie bei der SPD. Die AfD reagierte am Mittwoch empört.

"Nachdem schon einige Landesverbände und Einzelpersonen der AfD durch den Verfassungsschutz beobachtet werden, ist es nun nur der logische Schluss, die gesamte AfD unter Beobachtung zu stellen", meinte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. "Die Partei sowie auch ihre Fraktionen und Abgeordneten haben zu oft offenbart, wessen Geistes Kind sie sind." Eine wehrhafte Demokratie müsse Verfassungsfeinden entschieden entgegentreten. "Auch deswegen haben wir weitere fünf Stellen für den Verfassungsschutz im Jahr 2021 in den Haushalt aufgenommen", sagte Koch.

"Es kann keinen Zweifel mehr geben: Wer Mitglied der AfD wird oder bleibt, ist ein Rechtsextremist", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Tobias von Pein. "Wer für die AfD stimmt, wählt nicht demokratischen Protest, er stimmt für die Abschaffung der Demokratie und für ein autoritäres System der gesellschaftlichen Spaltung." Grünen-Fraktionsvize Lasse Petersdotter bezeichnete die AfD als parlamentarischen Arm der rechtsextremen Szene. "Die angebliche Auflösung des Flügels war eine Nebelkerze, die Seilschaften bestehen weiterhin und sind in der Partei wirkmächtig."

Nach Ansicht des FDP-Justizpolitikers Jan Marcus Rossa ist der AfD die Abgrenzung zum rechtsextremen Rand schlicht nicht gelungen. "Die Mitglieder des ehemaligen Flügels haben ihre verfassungsfeindlichen Überzeugungen ja nicht aufgegeben, sondern sie vermischen sich nun mit den übrigen Parteimitgliedern."

Der Vorsitzende der AfD-Gruppe im Landtag, Jörg Nobis, sprach von einem politischen Skandal sondergleichen, "dass diese Information ausgerechnet wenige Tage vor zwei wichtigen Landtagswahlen aus dem Bundesamt mutmaßlich an die Presse "durchgestochen" wurde". Der Verfassungsschutz mache sich zum Wahlkampfhelfer der anderen Parteien. "Eine Hochstufung der AfD zum Verdachtsfall entbehrt darüber hinaus auch jeder Grundlage und wird vor Gericht keinen Bestand haben."

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur setzte der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, die Landesämter für Verfassungsschutz am Mittwoch in einer internen Videokonferenz über den Schritt in Kenntnis. Damit kann die Partei ab sofort auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln ausgespäht werden. Zuerst hatte der "Spiegel" über die Entscheidung berichtet.

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