Kiel. Mehr Corona-Erstimpfungen und weniger Kontaktlimits an der frischen Luft - darauf dringt die Nord-SPD vor der nächsten Verhandlungsrunde von Bund und Ländern. Fraktionschef Stegner nimmt den Kieler Regierungschef bei der Krankenhausfinanzierung in die Pflicht.

Die SPD-Spitze in Schleswig-Holstein verlangt eine Entschärfung der Kontaktregeln in der Corona-Pandemie. "Konkret sollten die für viele unverständlichen Verweilverbote im Freien aufgehoben werden", sagte die Landesvorsitzende Serpil Midyatli am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Zudem kann zum Beispiel die Außengastronomie dadurch früher geöffnet werden."

Midyatli verwies auf "inzwischen sehr verlässliche Erkenntnisse", dass im Freien kaum Infektionen stattfinden. "Das bessere Wetter sollten wir für mehr Freiheiten nutzen", sagte sie im Blick auf die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Mittwoch. SPD-Landtagsfraktionschef Ralf Stegner rief den Regierungschef Daniel Günther (CDU) auf, in dieser Runde die Krankenhausfinanzierung zur Chefsache zu machen. Hintergrund sind beträchtliche Verluste der Kliniken im Norden in der Pandemie.

Derzeit besagen die Kontaktregeln, dass sich im Norden die Mitglieder eines Hausstandes nur mit einer weiteren Person treffen dürfen - auch im Freien. Günther hat mittlerweile angekündigt, dass die Regel für den Außenbereich auf fünf Personen oder zwei Haushalte geändert werden soll.

Midyatli schlug zudem vor, Corona-Erstimpfungen mit allen Impfstoffen vorzuziehen und keine Dosen für die Zweitimpfung zu lagern. "Das garantiert mehr Menschen einen Schutz vor schweren Erkrankungen", sagte Midyatli, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist.

Die MPK müsse jetzt endlich einen echten Stufenplan vorlegen, der für möglichst alle Bundesländer die Grundlage für Entscheidungen wird. "Er sollte sich nicht nur an der Inzidenz, sondern auch an der Impfentwicklung und den Testungen orientieren." Würden in Schulen wöchentliche Antigentests für Schüler und Lehrkräfte angeboten, könnte dies eine zeitnahe Öffnung auch für die weiterführenden Schulen ermöglichen.

Fraktionschef Stegner bemerkte, die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein könnten nicht länger auf den Corona-Kosten sitzen bleiben. Die ersten Kliniken benötigten Zuschüsse in Millionenhöhe ihrer kommunalen Träger, weil der Bundesgesundheitsminister sie für die niedrigen Inzidenzen fiskalisch auch noch bestrafe.

Die Krankenhäuser im Land erleiden in der Pandemie hohe Millionenverluste. Allein im Januar betrugen die Erlösausfälle im Vergleich zum Vorjahr laut Krankenhausgesellschaft 60 Millionen Euro. Vom Bund flossen demgegenüber nur Ausgleichszahlungen von 20 Millionen. Ein Kernproblem: In Kreisen mit weniger als 70 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen bekommen die Kliniken gar keine Ausgleichszahlungen vom Bund. Dies hat die Landespolitik wiederholt massiv kritisiert, zumal Kliniken in solchen Kreisen auch Covid-19-Patienten aus Kreisen mit höheren Infektionswerten behandeln.

Auch aus Sicht von Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) gefährdet das aktuelle System der Ausgleichszahlungen die flächendeckende Versorgung. Garg schlug Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unter anderem vor, die Grenze des Inzidenzwertes von 70 auf 35 zu senken und nicht mehr die Kreis-, sondern die Landesebene zu betrachten.

"Hier geht es um die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung", betonte Stegner. Deshalb müsse Günther das Thema jetzt zur Chefsache machen. "Schließlich ist es die Aufgabe der Länder, die Interesse der Kommunen beim Bund zu vertreten. "

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