Hamburg. Der Gesang ist für die Vögel nicht Ausdruck von Lebensfreude. Es ist der Kampfruf der Männchen, um ihr Revier zu verteidigen und ihre Braut zu beeindrucken.

Am Montag ist meteorologischer Frühlingsanfang. Die Vögel zeigen schon seit Tagen, wie die schöne Jahreszeit klingt. "Auslöser für die Vogelgesänge ist die zunehmende Tageslänge", sagte am Freitag Nabu-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. Dabei dient das Piep-Konzert nur einem einzigen Zweck: Der Familienplanung, erklärt Prof. Klaus Hackländer von der Deutschen Wildtier Stiftung. "Während der Mensch verzückt dem Sing-Sang der Vögel lauscht und es für einen Ausdruck von Lebensfreude hält, ist die Balz für die Männchen eine anstrengende Angelegenheit und alles andere als ein Vergnügen."

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben gemessen, dass Singvögeln in Großstädten lauter zwitschern. "Die männliche Nachtigall singt in der Stadt bis zu fünf Mal lauter als ihre Verwandten auf dem Land", sagte Wildtier Stiftungs-Sprecherin Eva Goris. Und Kohlmeisen singen nicht nur lauter, sondern auch höher. Einige Singvögel wie die Amsel erreichen mit bis zu 100 Dezibel ordentliche Lärmstärken. Goris: "Scheint logisch, denn sie müssen ja den Straßenlärm übertönen."

"Manch frühe Gesangsstrophe dient sicher auch dazu, die eingerosteten Kehlen zu ölen und etwas zu üben", erklärte Ornithologe Lachmann. "Das ist bei den Vögeln nicht anders als bei uns Menschen." Letztendlich will der Singvogel seine Rivalen mit kräftiger Stimme aus dem Revier vertreiben und die Weibchen mit dem Gesang beeindrucken. "Eine kräftige Stimme, kombiniert mit einem prächtigen Gefieder, steht für Gesundheit und signalisiert der Vogel-Frau in spe: Ich habe gute Gene für unseren Nachwuchs zu bieten", sagte Goris.

Doch bei dem "Liebesgeflüster" während der Balz sind nicht nur Lautstärke, Dauer und die Häufigkeit des Gesangs von Vorteil: "Es geht auch um das Repertoire. So brilliere die Nachtigall mit Gesängen von bis zu hundert Strophen. Goris: "Ganz gleich, ob der Ampelmast oder der Apfelbaum als Bühne dienen, eins ist klar: Wer am lautesten singt, der kriegt die Braut."

Der lauteste Vogel der Welt lebt laut Wildtier Stiftung übrigens in Brasilien. "Der männliche Zapfenglöckner imponiert mit 125 Dezibel", sagte Goris.

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