Wiesbaden/Kiel. Entgegen dem Bundestrend sind im Norden im Corona-Jahr 2020 mehr Menschen als im Vorjahr bei Unfällen ums Leben gekommen.

Gegen den Bundestrend hat die Zahl der Verkehrstoten in Schleswig-Holstein im Corona-Jahr 2020 zugenommen. Sie stieg von 100 auf 107, während es in Deutschland insgesamt einen Rückgang um 322 Todesopfer auf 2724 gab.

Dies war der niedrigste Stand seit Beginn der Zählung vor mehr als 60 Jahren, wie aus vorläufigen Angaben das Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden vom Donnerstag hervorgeht. Außer in Schleswig-Holstein gab es nur in Brandenburg, Berlin und Bremen 2020 mehr Verkehrstote als 2019.

Zahl der Verkehrsunfälle sinkt bundesweit deutlich - wegen Corona

Auch die Zahl der Verletzten sank gegenüber dem Vorjahr deutlich - um 14,7 Prozent auf rund 328.000 Personen. In Schleswig-Holstein war das Minus nicht ganz so stark. Hier fiel die Zahl der Schwerverletzten um 11,5 Prozent auf 1989 und die der Leichtverletzten um 12,6 Prozent auf 11 881.

Insgesamt nahm die Polizei 2020 in Deutschland 2,3 Millionen Unfälle auf - 15,8 Prozent weniger als im Vorjahr. "Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass wegen der Corona-Pandemie im Jahr 2020 auf deutschen Straßen deutlich weniger Kilometer zurückgelegt wurden als im Vorjahr", schrieb das Statistikamt zur gesunkenen Zahl der im Straßenverkehr Verunglückten.

Verkehrswacht erwartet steigende Zahlen, wenn Verkehr sich wieder normalisiert

Die Zahlen seien erfreulich, "zeichnen aber ein falsches Bild der Verkehrssicherheit", sagt der Präsident der Deutschen Verkehrswacht, Prof. Kurt Bodewig. TÜV-Bereichsleiter Richard Goebelt glaubt, dass die Zahlen wieder steigen, "sobald eine Normalisierung des Verkehrsgeschehens nach den Covid-Einschränkungen einsetzt".

In der unterschiedlichen Entwicklung der Todeszahlen in den Ländern sieht Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft auch Zufallseffekte. Angesichts der relativ kleinen Fallzahl gebe es statistische Verzerrungen - bei den Verletzten gebe es kaum Unterschiede. Einen Zusammenhang mit den jeweiligen Corona-Einschränkungen oder deren Befolgung wolle er auf keinen Fall konstruieren, sagte Brockmann.