Hamburg. Fast dreiviertel der gesamten Oberstufenzeit ohne regelmäßigen Präsenzunterricht, Abiturthemen, die nicht ausreichend bearbeitet wurden und noch immer kein konkreter Fahrplan für die letzten Wochen vor dem Abitur.
Diese Situation bringt Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Hoheluft dazu, in den kommenden Tagen einen Offenen Brief an Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu schreiben. Darin fordern sie zeitnah eine Perspektive und Klarheit darüber, wie ihre letzten Schulwochen vor den Abschussprüfungen aussehen werden.
Seit Mitte Dezember im Homeschooling
„Mittlerweile sind wir seit Mitte Dezember schon wieder im Homeschooling. Leider kann man nicht sagen, dass sich die Art und Weise dieser Distanzbeschulung signifikant zum ersten Lockdown verbessert hätte. Wir kämpfen mit den gleichen technischen Problemen wie im März 2020. Wir sind wieder sehr auf uns allein gestellt“, heißt es in dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt.
Weiter fehle den Schülern die unmittelbare Rückmeldung von Lehrern und Mitschülern. Deswegen sei beim Verständnis der Inhalte jeder auf sich selbst angewiesen. „Das nimmt nicht nur mehr Zeit in Anspruch, sondern kann auch fatal sein in Fächern, in denen man nicht so gut ist“, heißt es weiter.
Manche Themen wurden nicht bearbeitet
Durch die vielen Ausfallzeiten seien manche Themen – darunter auch abiturrelevante – nicht vollständig bearbeitet worden. Weiter fragen sich die Schüler, warum erst jetzt darüber konferiert werde, wie der Jahrgang unter diesen Bedingungen zum Abitur geführt werden kann. Und wieso „für diesen recht absehbaren Fall nicht schon im letzten Jahr ein Maßnahmenkatalog erstellt“ wurde.
Tschentscher stellt Impfversprechen bis Sommer infrage:
Schon im vergangenen Jahr hatte der „Corona-Jahrgang“ das Abitur unter Pandemie-Bedingungen ablegen müssen. Allerdings betraf das nur die Prüfungen und einen Teil der Vorbereitungsphase. Der diesjährige Abiturjahrgang dürfte unter den Folgen von Corona noch deutlich stärker leiden, schließlich lernen die Schüler nach dem Lockdown im vergangenen Frühjahr erneut seit Mitte Dezember zu Hause.
Forderung: Fokus auf prüfungsrelevante Fächer legen
Konkret schlagen die Schüler jetzt vor, in den kommenden Wochen den Fokus auf die prüfungsrelevanten Fächer zu legen und die Klausuren, die in den Nebenfächern anstehen, zu streichen. „Das würde den Stressfaktor merklich reduzieren und mehr Zeit für das Wesentliche lassen.“
Eine weitere wichtige Frage für die Schüler: „Wenn es gesundheitlich unbedenklich für uns ist, Klausuren in Turnhallen, in der Aula oder großen Klassenzimmern zu schreiben – warum können wir nicht wenigstens ein Mal pro Woche vor Ort in den Profilfächern unterrichtet werden? Zwei Stunden Fragen stellen, Feedback bekommen, prüfungsrelevante Themen wiederholen. Das wäre wohl für jeden (…) eine große Hilfe (…)!“
Bitte um eine zeitnahe Perspektive
Ebenfalls sei auch noch unklar, wie die Abiturprüfungen aussehen und wie Klausuren und mündliche Prüfungen bewertet werden. „Es gibt viele Fragen und Unsicherheiten und immer weniger Zeit bis zu den Prüfungen – somit bitten wir Sie inständig, uns zeitnah eine Perspektive aufzuzeigen, wie die letzten Wochen unserer Schulzeit und die Abiturprüfungen aussehen werden“, heißt es am Ende des Briefes.
Einer der Verfasser ist der 18-jährige Jonah. Er sagt: „Wir haben für den Brief in unserem Profil gemeinschaftlich alle Punkte zusammengetragen, die uns derzeit die größten Sorgen machen. Wir hoffen nun, dass wir Antworten bekommen und dass unsere Probleme gesehen werden.“
Die Schulbehörde verwies darauf, dass die Kultusministerkonferenz (KMK) vor sieben Tagen getagt und den Ländern verschiedene Möglichkeiten gegeben habe, die Abiturprüfungen anzupassen.
Maßnahmen befinden sich aktuell in der Abstimmung
„Hamburg ist seitdem im Gespräch mit Schulleitungen, der Elternkammer und der SchülerInnenkammer und es gibt bereits eine Reihe von Maßnahmen, die sich aktuell in der internen Abstimmung befinden“, sagte eine Behördensprecherin und kündigte an: „Ende der Woche wird das Ergebnis veröffentlicht, sodass Schülerinnen und Schüler dann endlich wissen, was auf sie zukommen wird.“
Weiter betonte sie, dass die Schulbehörde berücksichtigen werde, dass die Schüler durch die Corona-Pandemie nur unter sehr schwierigen Umständen lernen konnten.
Konkrete Pläne fürs Abitur in Schleswig-Holstein
Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat in einem Youtube-Video erläutert, welche Stellschrauben möglich seien. Zum einen sei im Gespräch, die Prüfungszeit zu verlängern, die Termine nach hinten zu verschieben, genauer einzugrenzen, was thematisch drankommt, und die Möglichkeit zu schaffen, zwischen verschiedenen Aufgaben zu wählen.
In Schleswig-Holstein teilte Bildungsministerin Karin Prien (CD) vergangene Woche bereits konkrete Pläne mit. Demnach ist unter anderem noch unmittelbar vor der Anmeldung zum Abitur ein freiwilliger Rücktritt ohne Anrechnung der Höchstverweildauer in der Oberstufe möglich. Weiter könnten Schülerinnen und Schüler ihre schriftliche Prüfung im Einzelfall auch am Nachschreibetermin statt am Haupttermin schreiben. Außerdem sollen die Schüler mehr Zeit für die Beantwortung der Fragen in den zentralen Prüfungsfächern bekommen.
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