Kiel. Ehrgeizig und selbstbewusst - so steuern die Grünen in Schleswig-Holstein die nächsten Wahlen an. Ziel ist der Spitzenplatz. Eine wichtige Personalie ist aber noch offen.

Die Europawahl 2019 soll für die Grünen im Norden keine Eintagsfliege bleiben: Die Partei will wie damals auch bei der Bundestagswahl im September und bei der Landtagswahl im nächsten Jahr in Schleswig-Holstein stärkste Kraft werden. Das machten die Landesvorsitzenden Ann-Kathrin Tranziska und Steffen Regis am Montag in einem digitalen Pressegespräch deutlich. "Sportlich gesehen ist das für beide Wahlen das Ziel", sagte Tranziska. Wer es ernst meine, müsse den Anspruch erheben und das Selbstbewusstsein haben, es zu versuchen, ergänzte Regis.

Damit wäre auch das Ziel verbunden, im Land künftig den Ministerpräsidenten oder die Ministerpräsidentin zu stellen. Mit wem an der Spitze die Grünen in die Landtagswahl im Frühjahr 2022 ziehen werden, ist noch offen. Auf die Frage, ob Umwelt- und Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (38) dafür gesetzt sei, sagte Regis: "Im Moment ist niemand gesetzt". Finanzministerin Monika Heinold (62) hat bisher noch nicht offiziell verkündet, ob sie nach der nächsten Wahl weitermachen will.

Im Blick auf die Spitzenkandidatur würden die Grünen beurteilen, wie die Lage ist, wo die Partei stehe und wer die größte Chance habe, sagte Regis. "Wir gehen das mit Ruhe und Bedacht an." Den Grünen war es bei der Europawahl 2019 erstmals gelungen, landesweit bei einer Wahl den ersten Platz zu holen. Sie gewannen damals mit 29,1 Prozent der Stimmen vor der CDU von Ministerpräsident Daniel Günther mit 26,2 und der SPD mit 17,1 Prozent.

Mit Blick auf das jetzige Regierungsbündnis mit CDU und FDP sagte Regis: "In der Stilfrage ist Jamaika ein Aushängeschild". Inhaltlich seien es aber drei Parteien mit unterschiedlicher Ausrichtung. Dies zielte in erster Linie in Richtung FDP. Hier könne es bei der finanziellen Bewältigung der Corona-Krise ebenso unterschiedliche Vorstellungen geben wie beim Umgang mit sehr großen Vermögen, signalisierte Regis. Man dürfe auch nicht wieder in das Muster vom schlanken Staat verfallen.

Als inhaltliche Schwerpunktthemen hoben die Spitzen der Grünen den Klimawandel, die soziale Ungleichheit in Deutschland und speziell auch Bildungsgerechtigkeit hervor. Auf die Frage, wie links die Grünen noch seien, verortete Regis seine Partei "auf jeden Fall links von der Mitte". Die Zahl der Mitglieder im Norden hat sich auch in der Pandemie weiter erhöht, auf nunmehr 4700. Für die anstehenden Wahlkämpfe haben die Grünen ihre Landesgeschäftsstelle personell aufgestockt - dort agiert seit Montag auch eine hauptamtliche Wahlkampfmanagerin.

Zur Bundestagswahl hoffen die Grünen auf eine mögliche Verdopplung ihrer derzeit drei Mandate. Für die ersten vier Plätze auf der Landesliste liegen vier Bewerbungen vor: Luise Amtsberg, Ingrid Nestle und Konstantin von Notz wollen auf den Plätzen 1, 3 und 4 ihre Mandate verteidigen, und auf Platz 2 möchte der Parteivorsitzende Robert Habeck in den Bundestag einziehen. Im Wahlkreis Flensburg-Schleswig will er zudem der CDU-Bindestagsabgeordneten Astrid Damerow das Direktmandat abspenstig machen. Für die Listenplätze ab 5 sind bei den Grünen zahlreiche Bewerbungen eingegangen. Hier sind spannende Kampfabstimmungen zu erwarten.

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