Kiel. Große Einigkeit im Landtag: Die angekündigten Wirtschaftshilfen in der Corona-Pandemie müssen schneller fließen. Wirtschaftsminister Buchholz mahnt darüber hinaus Perspektiven für die Unternehmen an - und schreibt dem Bundeswirtschaftsminister.

Fraktionsübergreifend will sich Schleswig-Holsteins Landtag für raschere Wirtschaftshilfen in der Corona-Pandemie einsetzen und insbesondere Soloselbstständigen helfen. Verlorener Umsatz lasse sich meist nicht aufholen, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Ole-Christopher Plambeck am Donnerstag. "Viele Unternehmer wissen nicht mehr weiter."

Neben Hilfen braucht die Wirtschaft nach Ansicht von Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) eine konkrete Perspektive. "Mit jedem weiteren Tag des Lockdowns wird die Situation für viele Unternehmen im Land immer dramatischer - bei allen Wirtschaftshilfen." Existenzen drohten vernichtet zu werden. "Wir müssen diesen Unternehmen die Perspektive geben, dass sie endlich wieder arbeiten." Wer Corona-Einschränkungen missachte, gefährde die Existenz von Firmen und Existenzen im Land.

Sein Ministerium hat bereits angekündigt, dass Unternehmen leichter an Geld aus dem Härtefallfonds kommen sollen. Wegen des bis Mitte Februar verlängerten Corona-Lockdowns und zunehmender Liquiditätsengpässe von stark betroffenen Einzelhändlern senkte das Land die Zugangsschwelle. Ab 1. Februar können Betriebe Anträge stellen, wenn ihr durchschnittlicher Umsatz zwischen November 2020 und Januar 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 Prozent eingebrochen ist. Alternativ reicht ein Umsatzrückgang um 50 Prozent in einem einzelnen dieser Monate. Der Fonds ist mit knapp 100 Millionen Euro hinterlegt.

"Wir versuchen alles, um die Unternehmen durch die Krise zu bekommen", sagte Buchholz. Von der angekündigten großen Bazooka des Bundes komme kaum etwas an. "Von schneller, unbürokratischer Hilfe kann bisher keine Rede sein." Dennoch seien im Norden im Rahmen der Novemberhilfe innerhalb von zehn Tagen fast 5000 der fast 8000 Anträge geprüft und genehmigt worden. Bei der Dezemberhilfe seien die Abschlagszahlungen Anfang Januar gestartet, 6630 von 7000 Anträgen seien bereits beschleunigt ausgezahlt worden insgesamt mehr als 45 Millionen Euro. Es seien jedoch rund 118 Millionen Euro beantragt worden.

In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, forderte Buchholz eine Senkung der Stichprobenquote bei den Überbrückungshilfen auf zehn Prozent. "Ohnehin werden von allen Leistungsempfängern Schlussabrechnungen und deren Prüfung durch die Länder oder Bewilligungsstellen vorgeschrieben", argumentiert Buchholz. Weitere Prüfungsrechte hätten der Bund und der Bundesrechnungshof.

Die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli kritisierte, die Auszahlung der Hilfen an die Unternehmen dauere zu lange. "Gut gedacht, lieber Bund, aber schlecht gemacht." Damit werde Vertrauen in die gesamte Politik verspielt. "Die Leistung von Generationen ist bedroht." Sie schlug vor, das Land solle die Lücken mit Hilfe von Fonds überbrücken. Die SPD führte dazu den Beteiligungsfonds der Investitionsbank und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft auf.

Für eine lebhafte Debatte sorgte ein SPD-Antrag, die Höhe der Dispo-Zinsen gesetzlich zu begrenzen. Dabei wurden auch Unterschiede in der Jamaika-Koalition deutlich. Er habe 20 Jahre lang von Dispozinsen gelebt, sagte Grünen-Fraktionsvize Lasse Petersdotter. Im Gegensatz dazu lehnten CDU und FDP den SPD-Vorstoß ab.

CDU-Mann Plambeck attestierte der SPD mangelnden Sachverstand. Banken seien verpflichtet, Dispokredite mit Eigenkapital zu hinterlegen. "Das bekommen die Banken eben nicht immer zum Nulltarif." Die FDP-Abgeordnete Annabell Krämer verwies darauf, dass Dispozinsen eine wichtige Einnahmequelle von Banken und Sparkassen seien.

Dass Kreditinstitute es derzeit schwer hätten, räumte auch SPD-Fraktionsvize Beate Raudies ein. Allerdings seien Dispozinsen für viele Menschen eine übliche Finanzierung. In Deutschland betrügen diese jedoch durchschnittlich zehn Prozent. "Das ist doppelt so hoch wie im Rest von Europa." SSW-Fraktionschef Lars Harms sah das ähnlich. Zwar dürfe ein Dispokredit ein bisschen teurer sein als ein normaler Kredit. Aber bis zu 40-prozentige Aufschläge seien Wucher. "Diese Dispozinsen müssen runter."

© dpa-infocom, dpa:210128-99-204458/3