Kiel. Der Mangel an Corona-Impfstoff treibt den Kieler Landtag um. Minister Garg macht aus seiner Verärgerung kein Hehl. In Pflegeheimen sind die allermeisten Bewohner immerhin inzwischen mindestens einmal geimpft.

Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) hat den Mangel an Corona-Impfstoff heftig kritisiert. Mit dem von Biontech bis Ende Februar angekündigten Präparat könnten - bei 345 000 Anspruchsberechtigten in der ersten Gruppe - 95 000 Frauen und Männer geimpft werden, sagte Garg am Mittwoch im Landtag. "Wir könnten jeden Monat 300 000 Schleswig-Holsteiner impfen", rechnete er vor. "Mir platzt an dieser Stelle langsam der Kragen." Im Norden seien ausreichend Strukturen für das Impfen aufgebaut worden.

Immerhin sei es gelungen, 90 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen zu impfen. In 23 Heimen seien die Impfungen komplett abgeschlossen, also samt Zweitimpfung. "Wir könnten deutlich mehr." Garg forderte eine lückenlose Aufklärung der Probleme bei der Beschaffung von Impfstoff. Die Bundesregierung müsse ihre Zusage einhalten, jedem bis Sommer ein Impfangebot zu machen.

Zur Debatte über mögliche "Privilegien" für Geimpfte sagte Garg, es gehe nicht um Privilegien, sondern um Grundrechte. "Das sind Freiheitsrechte der Menschen." Im Übrigen sollte man sich demütiger verhalten, solange nicht belegt sei, ob eine Impfung vor dem Anstecken anderer schützt, und nicht ausreichend Impfstoff vorhanden ist.

Bis einschließlich Dienstag wurden im Norden laut Robert Koch-Institut 91 500 Impfungen vorgenommen. Mit einer Quote von 3,0 bei den Erstimpfungen hat das Land den dritthöchsten Wert nach Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz.

"Die Menschen in Schleswig-Holstein möchten sich impfen lassen", sagte CDU-Fraktionsvize Katja Rathje-Hoffmann. Leider seien wegen des Impfstoff-Mangels die aufgebauten Impfzentren nicht ausgelastet. "Einige laufen gar nicht." Die Lieferschwierigkeiten seien kaum zu ertragen. Auch die SPD-Politikerin Birte Pauls monierte die Lieferprobleme beim Impfstoff. Der Vertragsbruch der Firma Astrazeneca gegenüber der EU sei ein Skandal.

Zuversichtlich gab sich die Grüne Marret Bohn. "Gemeinsam kommen wir durch die Krise", sagte die Ärztin. Das Impfen sei aber nur ein Baustein. Abstandhalten, Hygiene, Masken und Testen gehörten unter anderem auch dazu.

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