Kiel. Die Landesregierung will “Coronamüden“ mit ihrem Stufenplan Perspektiven geben. Einschränkungen seien aber noch längere Zeit nötig, sagt Ministerpräsident Günther. Er kündigt zudem einen schärferen Kurs zur Durchsetzung der Corona-Regeln an.

Für den Stufenplan der Landesregierung zur Bewältigung der Corona-Pandemie in Schleswig-Holstein gibt es eine breite Mehrheit im Landtag. Fraktionsübergreifend sprachen sich Abgeordnete am Mittwoch für klare Regeln beim Wiederanfahren des gesellschaftlichen Lebens nach einem Rückgang der Infektionszahlen aus. Die Landesregierung hatte am Dienstag einen vierstufigen Plan für erste Öffnungsschritte in der Zeit ab Mitte Februar vorgestellt.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte die Norddeutschen trotz Stufenplan zu konsequentem Einhalten der Corona-Regeln auf. "Der Perspektivplan soll all denjenigen helfen, die ein bisschen coronamüde geworden sind", sagte er. Die Menschen müssten voraussichtlich noch mehrere Monate mit Kontakteinschränkungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens leben. "Das wird bittere Realität in unserem Land bleiben."

Zugleich kündigte der Regierungschef einen schärferen Kurs zur Durchsetzung der geltenden Einschränkungen an. Kein Verständnis habe er für Menschen, die sich auch nach neun Monaten Pandemie nicht an die Regeln hielten. Das werde im Norden künftig Konsequenzen haben. SSW-Fraktionschef Lars Harms pflichtete ihm bei: "Es ist richtig, als Staat sichtbar zu sein." Er begrüße es, wenn die Polizei die Einhaltung der Regeln offensiver durchsetze.

Für Ministerpräsident Günther ist es angesichts der Infektionszahlen zu früh, bereits Entwarnung zu geben. Die Regierung sei jedoch verpflichtet, den Menschen in der Pandemie Perspektiven aufzuzeigen. Konkrete Daten für mögliche Öffnungsschritte zu nennen, lehnte er aber ab. Dies schaffe "nur Frustrationen", wenn diese letztlich nicht gehalten werden. Nötig sei jedoch ein klares und transparentes Regelwerk. Der Vorschlag seiner Koalition sei "ein guter Plan". Erste Öffnungen sollen im Bildungsbereich erfolgen. Je nach Infektionsgeschehen sollen die Kitas am 15. Februar in den Regelbetrieb oder einen eingeschränkten Regelbetrieb gehen.

Laut dem Perspektivplan sollen erste Lockerungen erfolgen, wenn die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche in einem Bundesland sieben Tage lang stabil unter 100 liegt. Dann könnten wieder Treffen von fünf Menschen aus zwei Haushalten, körpernahe Dienstleistungen (Friseure) und eingeschränkter Regelbetrieb an den Kitas sowie Wechselunterricht in Schulen möglich sein.

Oppositionsführer Ralf Stegner verwies vehement darauf, dass es stichhaltiger Begründungen für Eingriffe in Freiheitsrechte bedürfe und nicht für Lockerungsschritte. "Schon länger ist unbestreitbar, dass wir mehr Klarheit brauchen, wann und warum welche Einschränkungen nötig sind, um die nach wie vor hohe Akzeptanz für die Maßnahmen in der Bevölkerung zu erhalten", sagte der SPD-Fraktionschef. Lob gab es aber für den Stufenplan: ""Alles, was zu mehr Transparenz führt, ist der richtige Weg und findet unsere Unterstützung."

Stegner warnte ebenfalls vor Nachlässigkeit im Bezug auf die Corona-Regeln. "Darum ist es richtig, wenn unsere Landespolizei - wie gestern angekündigt - verstärkt Präsenz zeigen wird." Gesundheitsschutz müsse weiter höchste Priorität haben. Es sei richtig, dass die Regierung für Öffnungsschritte den Inzidenzwert mit der Reproduktionszahl (R-Wert), dem Mutationsgeschehen und der Impfquote flankiere.

Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben setzt auf einen bundesweit einheitlichen Plan. Für Kreise mit dauerhaft höheren Infektionszahlen müssten Verschärfungen möglich sein. Insbesondere für Kitas gebe es den Ruf, regional unterschiedlich zu reagieren. Das würde aber bedeuten, dass unter Umständen doch wieder Gastronomie und anderes vor den Kitas geöffnet wären. Nach Ansicht ihres FDP-Kollegen Christopher Vogt droht ohne klare Perspektiven ein Teil der Menschen bei der Pandemiebekämpfung "ansonsten die Motivation zu verlieren".

Regierungschef Günther rechnet damit, dass es bei Umsetzung des Perspektivplans zu unterschiedlichen Regeln in den Bundesländern kommt: "Ja, wird es." Dadurch würde aber ausgeschlossen, dass es in einigen Regionen trotz höherer Infektionszahlen mehr Öffnungen gebe als in anderen. Dies sei in der Vergangenheit der Fall gewesen. Er sei nicht so naiv zu glauben, dass der von seiner Regierung erarbeitete Stufenplan auf Bundesebene eins zu eins umgesetzt werde.

Jörg Nobis von der AfD kritisierte, dass es sich nur um einen Fahrplan ohne konkreten Fahrzeiten handele. Gastronomen, Friseure, Ladenbesitzer und Unternehmer bräuchten eine klare Perspektive. Die Ideen der Regierung ginge in der Sache jedoch in die richtige Richtung.

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