Kiel. Nun also doch: Schleswig-Holstein nimmt über 80-Jährigen Stress bei der Jagd nach Terminen für die Corona-Impfung ab. Für sie gibt es künftig personalisierte Anmeldemöglichkeiten per Telefon. Schwachpunkt bleibt die Impfstoff-Knappheit.

Schleswig-Holstein erleichtert Senioren den Zugang zu Terminen für Impfungen alter Menschen gegen das Coronavirus. Demnach sollen sich über 220 000 Impfberechtigte ab 80 Jahren künftig ohne Zeitdruck telefonisch registrieren und für ihren persönlichen Impftermin in einem Impfzentrum registrieren lassen können. Diese Ergänzung zum bestehenden Anmeldesystem stellte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Donnerstag im Sozialausschuss des Landtags vor. Die Senioren sollen dazu vom 28. Januar an ein Informationsschreiben mit einem persönlichen Zugangscode und einer Telefonnummer erhalten.

Erster so buchbarer Termin soll der 8. Februar sein. Garg zufolge wird in vier Gruppen nach dem Alter gestaffelt. Begonnen werde mit den Menschen ab 88 Jahren. Das Verfahren sei extrem aufwendig und personalintensiv, sagte Garg.

Das Ministerium reagiert damit auf heftigen Unmut und massive Kritik am Anmeldesystem. Zuletzt waren die über das Internet (www.impfen-sh.de) und telefonisch (116 117 und 0800 455 6550) zu erhaltenen Termine nach wenigen Minuten ausgebucht. Dies löste Enttäuschung und Frust vor allem bei älteren Impfberechtigten aus. Dies könne er gut verstehen, sagte Garg. Es sei notwendig, den Senioren eine komfortablere Terminvereinbarung zu ermöglichen. Sie müssten sich künftig nicht mehr dem wöchentlichen Stress der Terminvergabe unterwerfen. "Aber dieser Termin kann auch erst im Mai sein", sagte Garg unter Hinweis auf die begrenzte Impfstoffmenge.

Die Online-Anmeldung entfällt für die über 80-Jährigen. "Wir haben bisher eine sehr schnelle und funktionstüchtige Terminvergabe für die Buchung von Impfterminen zur Verfügung gestellt", erläuterte Garg. Dieses System solle nun durch eine gerade für die älteren Schleswig-Holsteiner exklusive Anmeldemöglichkeit ergänzt werden. "Alle impfberechtigten über 80-jährigen Bürger werden wir persönlich anschreiben. Jeder wird sich telefonisch einen Termin geben lassen können - ohne Stress, ohne Eile."

Noch in der vergangenen Woche hatte die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP im Landtag das bisherige System verteidigt und betont, das entscheidende Problem sei der Mangel an Impfstoff. Zunächst sind mit dem Impfen über 80-Jährige, medizinisches Personal und Rettungskräfte an der Reihe - insgesamt Garg zufolge 345 000 Menschen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts waren mit Stand Mittwoch im Land etwa 47 500 Menschen gegen Covid-19 geimpft worden. Die Impfquote bezogen auf die Einwohnerzahl ist die zweithöchste aller Bundesländer nach Mecklenburg-Vorpommern.

Anders als bisher werden Terminbuchungen für über 80-Jährige künftig nicht nur für die Folgewoche möglich sein, sondern für einen längeren Zeitraum. Wegen der begrenzten Impfstoffmenge werden viele Impfwillige Garg zufolge zunächst nur einen Termin erhalten können, der im späten Frühjahr oder gar Frühsommer liegt. Sollte mehr Impfstoff verfügbar sein, werde den Betroffenen telefonisch ein früherer Termin angeboten. Wer impfberechtigt ist und jünger als 80, kann weiterhin wöchentlich über das Internet-Portal unter www.impfen-sh.de Termine buchen. Die zweite Impfung soll dem Ministerium zufolge einheitlich 35 Tage nach dem ersten Termin folgen.

Garg betonte, es gebe keine Planungssicherheit bei der Verfügbarkeit von Impfstoff über die siebte Kalenderwoche hinaus, also ab Mitte Februar. Der Minister wurde im Ausschuss sofort für das neue Termin-Verfahren gelobt. Die Grüne Marret Bohn, von Beruf Ärztin, zeigte sich begeistert. Es sei sensationell, wie schnell die neue Möglichkeit geschaffen werde. Zustimmung kam auch aus der Opposition. "Ich bin schwer begeistert", sagte die SPD-Sozialpolitikerin Birte Pauls. Die SPD hatte im Landtag eine Umstellung auf ein Einladungssystem verlangt. Es sei sehr gut, dass sich das Ministerium bewegt habe, sagte Pauls. In der Krise könne ein Minister scheitern oder aufsteigen, sagte der Sozialdemokrat Bernd Heinemann. Garg sei aufgestiegen.