Hamburg. Noch ist kein Hinweis eingegangen, wo sich Ruben F. aufhalten könnte. Das ist gut und schlecht zugleich.

Noch am späten Mittwochabend wimmelte es von Polizisten im sonst zu fortgeschrittener Stunde sehr ruhigen Großen Burstah am Hamburger Rödingsmarkt. Die Beamten forderten Passanten höflich aber bestimmt auf, den Bereich unverzüglich zu verlassen. „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht“, versicherte ein Polizist. Offenbar war das so nicht ganz richtig.

Denn das strikte Einschreiten und die massive Präsenz der Polizei hatte einen guten Grund: Ein psychisch kranker Mann, gefährlich und mutmaßlich bewaffnet, wurde in der Gegend vermutet. Am Ernst der Lage ließ die Polizei keinen Zweifel, bereits um 4 Uhr am Donnerstagmorgen warnte sie in einer Mitteilung eindringlich: Der 27-Jährige sei psychisch krank, bedürfe „dringend“ ärztlicher Hilfe. Wer ihm begegnet, sollte ihn auf keinen Fall ansprechen. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann völlig unkontrolliert reagieren könnte, wenn er sich bedroht oder in die Enge getrieben fühlt.

Polizei Hamburg sucht nach psychisch krankem Mann

Am Donnerstag lief die Fahndung dann auf Hochtouren weiter – bis dato ohne Ergebnis. Bis zum gestrigen Nachmittag ging auch kein einziger Hinweis zu dem Gesuchten ein. „Das ist einerseits gut, andererseits schlecht“, so ein Beamter. Schlecht, weil die Polizei nicht weiß, wo sie nach ihm suchen soll. Gut, weil er bisher weder mit den Waffen gesichtet wurde, noch jemanden bedroht hat.

Am Mittwochabend war der 27-Jährige in den Geschäftsräumen seines Halbbruders an der Straße Hopfenmarkt an zwei scharfe Schusswaffen gelangt und damit geflüchtet. Bei einer handelt es sich um eine Langwaffe, ein Gewehr; bei der anderen um eine Kurzwaffe, also eine Pistole oder einen Revolver. Zu den Waffen soll er auch die passende Munition haben.

Was passierte Mittwochabend am Hopfenmarkt?

Unklar ist, was genau in den Büroräumen am Hopfenmarkt passiert ist. Die Polizei geht davon aus, dass der 27-Jährige dort seinen Halbbruder überfallen hat. Wie er konkret an die Waffen und die Munition gekommen ist, ist ebenso unklar – zumal die Vorschriften eindeutig sind: Waffen müssen sicher in einem Waffenschrank aufbewahrt werden. Die Waffen selbst dürfte der Halbbruder des Gesuchten allerdings legal besessen haben. Aus seinem Umfeld hieß es, er sei Jäger.

Gegen 20.35 Uhr war die Polizei alarmiert worden. Der Halbbruder soll in den Büroräumen eingesperrt gewesen sein. Jemand mit einem Schlüssel für die Räume öffnete den Beamten, anschließend durchsuchten die Polizisten das gesamte Gebäude, in dem mehrere Firmen sitzen – Etage für Etage. Fahrzeuge, die aus der Tiefgarage kamen, wurden gestoppt und überprüft.

Der Mann fühlt sich von „dunklen Mächten“ bedroht

Gleichzeitig begann die Großfahndung. Die Polizei setzte unter anderem Personenspürhunde ein, die den Fluchtweg des Mannes „erschnüffeln“ sollten. Die Beamten selbst trugen teils Anti-Terror-Schutzausrüstung und waren mit Maschinenpistolen bewaffnet, weil schnell bekannt war, dass der psychisch Kranke bewaffnet ist. Der 27-Jährige soll unter Verfolgungswahn leiden und sich von „dunklen Mächten“ bedroht fühlen. Insgesamt waren rund 40 Peterwagenbesatzungen ausgerückt. Für den Großeinsatz waren Einheiten aus dem gesamten Stadtgebiet zusammengezogen worden.

Wo sich der 27-Jährige aufhalten könnte, ist nicht bekannt. In den sozialen Netzwerken gibt er kaum etwas über sich preis. Fieberhaft wird ermittelt, wo er Bekannte haben könnte, welche Örtlichkeit für ihn als Unterschlupf geeignet wäre. Aus seinem Umfeld hieß es, dass zu den wenigen bekannten Anlaufstellen eine Wohnung im Bereich Rotherbaum gehört. Sein Halbbruder soll sie ihm zur Verfügung gestellt haben, weil der 27-Jährige keine feste Bleibe haben soll.

Die Polizei bereitete sich am Donnerstag auf eine „schwere Festnahme“ vor, erwog den Einsatz von Spezialkräften und prüfte das Vorgehen bei einer „statischen Lage“ – für den Fall, dass sich der Mann bedroht fühlt und verschanzt.

Knallgeräusche im Wilhelmsburger Inselpark

Am Donnerstagabend wurden gegen 20 Uhr Knallgeräusche aus dem Wilhelmsburger Inselpark gemeldet. Während sich in der dortigen Edel-optics.de-Arena die Hamburg Towers an die Tabellenspitze der Basketball-Bundesliga warfen, rückte die Polizei mit mehreren Streifenwagen an, sperrte den Zugang zum Park und suchte das Gelände ab – ohne Erfolg. Gegen 22.30 Uhr wurde der Einsatz beendet.

Aus dem Wilhelmsburger Inselpark wurden am Donnerstagabend Knallgeräusche gemeldet. Die Polizei Hamburg rückte mit mehreren Streifenwagen an.
Aus dem Wilhelmsburger Inselpark wurden am Donnerstagabend Knallgeräusche gemeldet. Die Polizei Hamburg rückte mit mehreren Streifenwagen an. © HA/Alexander Berthold