Hamburg. Es wird wieder harte Einschnitte geben. Wegen massiv steigender Corona-Zahlen hat Hamburgs Bürgermeister Tschentscher die Menschen in einer Regierungserklärung bereits darauf eingeschworen - während die AfD in der Debatte einmal mehr für einen Eklat sorgte.

Angesichts weiter massiv steigender Corona-Zahlen hat Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher die Bevölkerung auf weitere harte Einschränkungen eingeschworen. "Es wird darum gehen, die aktuell viel zu hohe Infektionsdynamik durch einen zeitlich begrenzten, aber harten Einschnitt abzubremsen", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in einer Regierungserklärung mit Blick auf die parallel laufende Videoschalte der Ministerpräsidenten der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

So wollen Bund und Länder unter anderem Veranstaltungen, die der Unterhaltung und der Freizeit dienen, im November deutschlandweit weitgehend untersagen. Theater, Opern oder Konzerthäuser sollen vom 2. November an bis Ende des Monats schließen, gleiches gilt für Gaststätten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus den Beratungen von Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten. Die Regelung betreffe auch den Freizeit- und Amateursportbetrieb, Individualsport soll ausgenommen werden. Tschentscher kündigte an, sich für ein möglichst einheitliches Vorgehen einzusetzen, "denn es muss für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Klarheit geben, worauf es jetzt ankommt".

Am Mittwoch war die Zahl der registrierten Corona-Neuinfektionen in Hamburg mit 404 auf einen Rekordwert gestiegen. Der Sieben-Tage-Wert kletterte auf 113,2 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner. 149 Covid-19-Patienten liegen inzwischen in Krankenhäusern, 34 von ihnen auf Intensivstationen.

"Wir sind jetzt in der Corona-Pandemie in einer kritischen Phase", betonte Tschentscher. Die zweite Welle treffe Europa mit großer Wucht. Die Regierungen von Frankreich, Spanien und Tschechien hätten bereits den Notstand ausgerufen. "Auch aus unseren Partnerstädten (...) erreichen uns bestürzende Nachrichten", sagte Tschentscher. In Marseille liege der Sieben-Tage-Wert pro 100 000 Einwohner bei über 500. In Prag bestehe eine generelle Ausgangssperre, auf dem Prager Messegelände werde derzeit ein Feldlazarett errichtet.

"Es gibt keinen Grund mehr, daran zu zweifeln, dass uns auch in Deutschland diese Entwicklung droht, wenn wir nicht alle durch unser persönliches Verhalten mithelfen, genau dieses zu verhindern", sagte Tschentscher. Mehr als zwei Drittel der Städte und Landkreise in Deutschland hätten den kritischen Sieben-Tage-Wert von 50 Infektionen pro 100 000 Einwohner bereits überschritten - als letzte Großstadt auch Hamburg.

"Wer in einem Keller hinter verschlossenen Türen eine Party mit fast 100 Leuten veranstaltet - ohne Maske, ohne Abstand - der unterläuft die gesamte Corona-Strategie und bringt uns in größte Schwierigkeiten", warnte Tschentscher. Das sei unverantwortlich in dieser kritischen Lage, "und deshalb werden unsere Polizei und Ordnungskräfte die Einhaltung der Corona-Regeln weiter konsequent kontrollieren und durchsetzen".

"Glauben Sie nicht denjenigen, die die Gefahr leugnen und die Sache damit noch schlimmer machen." Alle müssten sich jetzt unbedingt an die Regeln halten: "Abstand halten, Hygiene beachten, Maske tragen und persönliche Kontakte mit anderen so weit wie möglich verringern." Erst am Montag war in Hamburg eine neue Kontaktbeschränkung in Kraft getreten: Im privaten Bereich, auf der Straße und in der Gastronomie dürfen sich nur noch maximal zehn Menschen aus zwei Haushalten treffen. Ausnahmen bei der Zahl der Haushalte gibt es nur für Patchworkfamilien und für Kinder unter zwölf Jahren.

Mit Ausnahme der AfD teilten alle Fraktionen grundsätzlich die Analyse des Bürgermeisters. "Es droht ein neuer, zumindest partieller Lockdown", sagte etwa die Grünen-Fraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg. Einig waren sich auch alle, dass die Schulen und Kitas geöffnet bleiben sollen. Kritik gab es dabei jedoch von der CDU und den Linken an Schulsenator Ties Rabe (SPD). CDU-Fraktionsvize Anke Frieling warf ihm vor, seiner Verantwortung beim Schutz der Schüler nicht gerecht zu werden. Sie sprach anstelle von CDU-Fraktionschef Dennis Thering, der sich wegen eines Corona-Falls in der Fraktion vorsorglich in Selbstisolation begeben hat.

Die Linken-Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir und die einzige FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein kritisierten zudem, dass einmal mehr Entscheidungen über weitere Einschränkungen unter Umgehung des Parlaments getroffen würden. "Es reicht mit den Alleingängen, mit diesen einsamen Beschlüssen des Senats, von denen alle Hamburger und Hamburgerinnen und auch das Parlament, die Opposition nur über Pressekonferenzen erfahren", sagte Özdemir. Empörung im Parlament löste AfD-Fraktionschef Alexander Wolf aus, als er das Infektionsschutzgesetz wegen der darin aufgeführten Möglichkeiten des Bundesgesundheitsministeriums mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten verglich.