Hamburg. Die Verfassungsgerichte von Thüringen und Brandenburg haben die dortigen Paritätsgesetze bereits einkassiert. Rot-Grün in Hamburg will dennoch per Gesetz eine zahlenmäßige Gleichheit von Männern und Frauen im Parlament erreichen.

Die rot-grüne Koalition in Hamburg hält trotz bereits zweier abschlägiger Verfassungsgerichtsurteile an ihren Plänen für ein Paritätsgesetz fest. "Beim Paritätsgesetz geht es um Geschlechtergerechtigkeit, und diese ist beiden Koalitionspartnerinnen ein großes Anliegen", erklärte Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) am Freitag. Frauen seien in den Parlamenten nach wie vor unterrepräsentiert. "Einen höheren Frauenanteil in den Parlamenten erreichen wir nicht mit warmen Worten, das haben wir doch die vergangenen Jahrzehnte leidvoll erfahren."

Das nun auch in Brandenburg gefällte negative Urteil sei zwar erneut ein herber Rückschlag für die Geschlechtergerechtigkeit in Politik und Gesellschaft, sagte der Grünen-Verfassungsexperte Till Steffen. Er meinte aber: "Wir bleiben dabei: Wir werden weiter nach geeigneten Maßnahmen suchen, um Frauen die Hälfte der Macht und der Mitbestimmung zu sichern und eine gesetzliche Lösung auch in Hamburg erörtern."

Das Brandenburger Verfassungsgericht hatte das Paritätsgesetz zu den Kandidatenlisten der Parteien für Landtagswahlen am Freitag gekippt. Dieses schrieb vor, dass abwechselnd gleich viele Frauen und Männer auf den Listen kandidieren müssen. Bereits im Juli hatte der Thüringer Verfassungsgerichtshof die dortige Regelung einkassiert. Die Richter argumentierten, das Paritätsgesetz beeinträchtige das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie das Recht der politischen Parteien auf Betätigungsfreiheit, Programmfreiheit und Chancengleichheit.

"Nach den Entscheidungen aus Thüringen und Brandenburg steht fest, dass der verfassungsrechtliche Rahmen nur wenig Spiel für das wichtige Ziel lässt, eine gerechte Verteilung der Geschlechter in den Landtagen und damit eine Steigerung des Anteils der weiblichen Abgeordneten zu erreichen", erklärte die gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Gabriele Dobusch. Beide Entscheidungen enthielten aber rechtliche Hinweise, bei deren Beachtung die Erarbeitung eines verfassungskonformen Gesetzesentwurfs weiterhin möglich erscheine. "Diese Optionen werden wir in Hamburg jetzt eingehend analysieren." Es sei nicht auszuschließen, dass dazu auch die Verfassung geändert werden müsse.

"Trotz des Urteils bleibt das Anliegen in der Sache gerechtfertigt", sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Mareike Engels. "Die Hälfte der Macht muss den Frauen gehören, dafür reichen Selbstverpflichtungen leider nicht aus." Nun gelte es, auf Grundlage der Urteile zu schauen, wie in Hamburg die Gleichstellung der Geschlechter auch im parlamentarischen Raum wirksam befördert werden könne - "Priorität hat für uns dabei immer noch eine gesetzliche Lösung".

CDU, AfD und die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein forderten Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) dagegen auf, die Pläne endlich aufzugeben. Diese seien mit den Urteilen endgültig gescheitert, sagte der CDU-Justizexperte Richard Seelmaecker. "Wichtig ist vielmehr, positiv auf eine tatsächliche Angleichung der Verhältnisse hinzuwirken und den Menschen nicht immer mit Verboten und Vorschriften zu kommen."

Treuenfels-Frohwein forderte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) auf, "diese starrsinnige rot-grüne Gleichmacherei zu stoppen". AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sprach von einer weiteren "Niederlage für die rot-grünen Demokratieverächter, die mit aller Macht und entgegen der Verfassung die Frauenquote bei Parlamentswahlen durchsetzen wollten".