Kiel. Die Maskenpflicht in Schleswig-Holstein wird ausgeweitet: Ab Samstag gelten schärfere Regeln in Restaurants, im Handel und auf Märkten. Unterdessen steigt die Zahl der Corona-Neuinfizierten auch im Norden weiter stark an, der Kreis Pinneberg muss handeln.

Vor dem Hintergrund steigender Corona-Neuinfektionen hat Schleswig-Holsteins Landesregierung am Donnerstag die angekündigte Ausweitung der Maskenpflicht beschlossen. Die Zahl der der gemeldeten Corona-Infizierten erhöhte sich binnen eines Tages um 160, wie die Landesregierung mit Stand Mittwochabend mitteilte. Am Vortag waren 111 Neuinfektionen gemeldet worden. Der Kreis Stormarn meldete den in Schleswig-Holstein aktuell höchsten Inzidenzwert von 44,3 Infektionen - berechnet pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. In Stormarn musste wegen drei infizierter Mitarbeiterinnen die Kita der Großhansdorfer LungenClinic geschlossen werden.

Der Masken-Beschluss der Landesregierung sieht vor, dass Gäste und Beschäftigte in Gaststätten von diesem Samstag an durchweg eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen. Ausgenommen ist nur der Aufenthalt der Gäste am Tisch. Dies gilt für drinnen und draußen. Für Beschäftigte im Handel wird die Maskenpflicht ebenso festgeschrieben wie für Marktbeschicker und Kunden auf Wochenmärkten.

Die Mund-Nasen-Bedeckung habe sich als wirksames Mittel gegen die Übertragung des Coronavirus erwiesen, argumentierte die Landesregierung. Eine Ausweitung der Pflicht zum Tragen sei in der Abwägung zur Verhängung neuer Kontaktbeschränkungen das mildere Mittel und angesichts der steigenden Infektionszahlen geboten.

Die Landesregierung entschied auch, dass das Tragen eines Kunststoffvisiers (sogenannte Face Shields) nicht mehr ausreicht, um die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung zu erfüllen. Die Änderung folge einer Empfehlung des Robert Koch-Instituts. Ausnahmen gelten für Lehrer, bei denen die Erkennbarkeit der Mimik oder die unbeeinträchtigte sprachliche Verständlichkeit erforderlich sind. Wer grundsätzlich von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit ist, darf ebenfalls freiwillig Visiere verwenden.

Bei ihrer Sitzung in der nächsten Woche werden die Abgeordneten des schleswig-holsteinischen Landtags voraussichtlich auch im Plenarsaal einen Mund-Nase-Schutz tragen. CDU und FDP begrüßten am Donnerstag einen entsprechenden Vorschlag von SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Diese Maskenpflicht solle bis auf Weiteres im Plenarsaal für alle gelten, die nicht reden.

Wegen hoher Corona-Zahlen treten im Kreis Pinneberg am Samstag verschärfte Maßnahmen in Kraft. Der 7-Tage-Inzidenzwert sei über die entscheidende Marke von 35 gestiegen, teilte eine Sprecherin des Kreises mit. Der Wert liege jetzt bei etwa 40.

Die am Donnerstagabend bekanntgegebene Allgemeinverfügung sieht vor, dass in den Städten Elmshorn und Uetersen in einigen öffentlichen Bereichen Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen sind. Gastronomiebetriebe müssen um 23.00 Uhr schließen. Veranstaltungen im öffentlichen Raum mit Gruppenaktivität ohne feste Sitzplätze dürfen maximal 25 Teilnehmer innerhalb und außerhalb geschlossener Räume haben. Im privaten Wohnraum und auf dem dazugehörigen Grundstück dürfen sich nur noch bis zu 15 Personen treffen. Das gilt innerhalb und außerhalb geschlossener Räume. Die Allgemeinverfügung gilt zunächst bis einschließlich 1. November.

Im Kreis Ostholstein verhängten die Sana Kliniken ein Besuchsverbot für ihre vier Standorte dort. Dadurch solle eine unkontrollierte Einstreuung des Virus Sars-CoV2 verhindert werden, sagte der Geschäftsführer der Sana Kliniken Ostholstein, Florian Glück. Ausnahmen seien nur in begründeten Fällen möglich - etwa die Begleitung durch eine Bezugsperson zur Geburt, der Besuch von einer Person pro Tag nach Geburt des Kindes, die Begleitung durch Eltern in der Kinderklinik und der Besuch von Palliativpatienten nach vorheriger Absprache. Betroffen sind die Sana Kliniken in Eutin, Oldenburg, Fehmarn und Middelburg.

Die Gymnasiallehrer in Schleswig-Holstein forderten angesichts der verschärften Corona-Situation kleinere Schulklassen. "Eine Halbierung der Klassen- und Kursgrößen wäre in der gegenwärtigen Krisenlage nicht nur pädagogisch geboten, sondern auch der beste Beitrag zum Gesundheitsschutz der Schüler- und der Lehrerschaft", sagte der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Jens Finger.

Das Bildungsministerium hatte sich am Dienstag dagegen ausgesprochen, bei den bisherigen Infektionszahlen im Norden den Präsenzunterricht zu halbieren. Dies widerspräche dem Ziel, bei gebotener Vorsicht so viel Präsenzunterricht wie möglich zu erreichen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hatte sich für Unterricht mit halbierten Klassen in Gebieten mit hohen Infektionszahlen eingesetzt.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz erwartet, dass das Beherbergungsverbot für Touristen aus Corona-Hotspots in den nächsten Tagen auch in Schleswig-Holstein fallen wird. Dies machte der FDP-Politiker am Donnerstag beim digitalen Tourismustag deutlich. Nach der geltenden Regelung des Landes dürfen Urlauber aus Risikogebieten nur dann in Beherbergungsbetrieben übernachten, wenn sie einen frischen negativen Corona-Test vorweisen. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich ein Beherbergungsverbot für falsch halte", sagte Buchholz. Nicht Übernachtungen von Hotel- oder Pensionsgästen seien das Problem, sondern Feiern mit vielen Teilnehmern.

Seit Beginn der Pandemie haben sich in Schleswig-Holstein bislang 6148 Menschen nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 angesteckt. Als Genesen gelten nach Schätzung des Robert Koch-Instituts rund 5000 Menschen. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit Covid-19 in Schleswig-Holstein gestorben sind, blieb weiter bei 163. In Krankenhäusern werden den Angaben zufolge 36 Covid-19-Patienten behandelt, fünf mehr als am Vortag.