Hamburg/Kiel/Schwerin. Damit möglichst jeder trotz Corona-Beschränkungen einen Weihnachtsgottesdienst besuchen kann, lassen sich die Kirchen viel einfallen: Es soll deutlich mehr und kürzere Gottesdienste geben - und auch im Freien. Singen ist nicht oder nur beschränkt möglich.

Die Kirchen im Norden wollen trotz der Corona-Auflagen mit kreativen Ideen ein ausreichendes Angebot an Advents- und Weihnachtsgottesdiensten schaffen. "Unser Ziel ist es, allen Menschen die Teilnahme an einem Weihnachtsgottesdienst zu ermöglichen", sagte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße der Deutschen Presse-Agentur. Der stellvertretende Leitende Bischof der Nordkirche, Bischof Tilman Jeremias, betonte, die Gemeinden seien bemüht, "möglichst vielen Menschen das Mitfeiern an den Weihnachtsgottesdiensten zu ermöglichen - im Wissen darum, wie schwierig dies schon immer war und erst recht in den Zeiten der Pandemie sein wird."

Für die Kirchen ist Weihnachten diesmal ein besonders schwieriger Spagat. Traditionell sind die Gotteshäuser Heiligabend so gut besucht wie sonst nie im ganzen Jahr. Andererseits müssen die Corona-Regeln eingehalten werden - das heißt Abstand halten und damit ein geringeres Platzangebot in den Kirchen, Masken tragen, auf Hygiene achten, Kontaktdaten erfassen, kein oder nur eingeschränktes Singen wegen des Corona-Übertragungsrisikos durch Aerosole.

Die Kirchen wollen daher deutlich mehr und kürzere Gottesdienste anbieten. Viele Feiern sollen im Freien stattfinden. Ob sich die Besucher der Advents- und Weihnachtsgottesdienste anmelden müssen und auf welche Art, entscheiden die knapp 1000 Gemeinden der Nordkirche in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern selbst, wie eine Sprecherin der Nordkirche erläuterte. "An vielen Orten zwischen Schleswig und Stralsund wird jedoch bereits deutlich, dass viele Kirchengemeinden auf Feiern im Freien oder gar eine Verdopplung beziehungsweise Verdreifachung ihrer Gottesdienstangebote setzen, um möglichst viele Menschen zu erreichen."

Die Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg beispielsweise bietet Heiligabend acht kurze Feiern im Wechsel drinnen und auf dem Kirchplatz an. Kostenlose Tickets sind auf www.st-michaelis.de erhältlich. Und auch der erste Advent steht bei Hauptpastor Alexander Röder und seinem Team im Zeichen eines Freiluftgottesdienstes auf dem Kirchplatz. Ihre Gottesdiensttaktung erhöht hat an Heiligabend ebenfalls die Kirche in Hamburg-Nienstedten, die zu sieben Gottesdiensten einladen wird.

Die Gemeinde St. Markus in Hamburg-Hoheluft gibt ein Krippenspiel quer durch den Stadtteil. Auf zehn Balkonen stehen Konfirmanden, die dem Publikum auf dem Bürgersteig kurze Teile des Krippenspiels präsentieren sollen. Auch der Engel, der die Geburt Jesu verkündet, fehlt nicht: Er weist den Besuchergruppen mit einem Stern den richtigen Weg zum nächsten Balkon. An der zehnten Station soll es eine Überraschung geben. Ungewöhnliches plant auch die Hamburger Gemeinde Meiendorf-Oldenfelde: An Heiligabend sollen Passanten an bestimmten Stationen etwa zehn Minuten lang aus der Weihnachtsgeschichte vorlesen. Und in Hamburg-Billstedt erwartet die Menschen ein "Wandelgottesdienst" mit Liedern, Weihnachtsgeschichte und Bläsermusik im Freien.

Im Erzbistum Hamburg, das sich auch über Schleswig-Holstein und Mecklenburg erstreckt, ist es den Pfarreien überlassen, ob sich Besucher von Weihnachtsgottesdiensten anmelden müssen. "In vielen Pfarreien ist eine Anmeldung zumindest erwünscht", sagte eine Sprecherin des Erzbistums.

Das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern ("O, du fröhliche", "Stille Nacht, Heilige Nacht") - traditionell ein Höhepunkt in Heiligabendgottesdiensten - ist nicht oder nur beschränkt erlaubt. In Schleswig-Holstein bleibt der Gemeindegesang weiterhin verboten, wie das Erzbistum mit Hinweis auf die staatlichen Vorgaben erläuterte. In Hamburg und Mecklenburg sei dagegen "das gemeinsame, verhaltene Singen einzelner, liturgisch bedeutsamer Gesänge" erlaubt - dies aber nur, wenn alle Gesänge in Summe die Dauer von 6 Minuten nicht überschreiten und maximal ein Viertel der regulären Sitzplätze mit einem Mindestabstand von 2,5 Metern untereinander belegt werden oder alle Mitfeiernden durchgängig eine korrekt sitzende Mund-Nase-Bedeckung tragen.

In den "Handlungsempfehlungen der Nordkirche" heißt es, Gemeindegesang müsse derzeit unterbleiben. "Eine Alternative ist, die Lieder mitzusummen oder beim Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung sehr leise mitzusingen oder mitzusprechen."

In Hamburg und Mecklenburg ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung während des gesamten Gottesdienstes verpflichtend. Wenn in Gottesdiensten nicht gesungen wird, dann kann die Mund-Nase-Bedeckung am Sitzplatz abgenommen werden.

Das Erzbistum will am 26. Oktober im Internet eine "Ideenbörse" freischalten für die Gestaltung von St. Martin, Advent und Weihnachtsgottesdiensten (www.erzbistum-hamburg.de/weihnachten). Es soll dort auch Hinweise auf Fernsehgottesdienste und das Streaming von Gottesdiensten im Erzbistum Hamburg geben. Die Nordkirche bietet ähnliche Angebot an und zeigt auf Youtube Gottesdienste unter #digitale Nordkirche.

Ob sich mit weiter steigenden Corona-Infektionszahlen möglicherweise die Rahmenbedingungen für Gottesdienste noch ändern werden, sei offen, betonten Kirchensprecher.