Hamburg. Die Corona-Krise schlägt voll auf den Haushalt der Hansestadt Hamburg durch. Mit neuen Schulden in Milliardenhöhe will der rot-grüne Senat dagegen ankämpfen - und gleichzeitig sein eigenes Regierungsprogramm weiterverfolgen. Die Opposition schäumt.

Mit neuen Schulden in Höhe von 4,1 Milliarden Euro will Hamburgs rot-grüner Senat in den kommenden zwei Jahren gegen die Corona-Krise ankämpfen und gleichzeitig sein Regierungsprogramm umsetzen. Es werde ausdrücklich nicht gegen die Krise angespart, vielmehr würden die Schwerpunkte des Senats wie der Klimaplan konsequent weiter umgesetzt, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Mittwoch nach dreitägigen Senatsberatungen zum Rekord-Doppelhaushalt 2021/2022. Insgesamt seien in den beiden Jahren Ausgaben in Höhe von 35,7 Milliarden Euro geplant - 18,1 Milliarden Euro im kommenden und 17,6 Milliarden Euro im übernächsten Jahr. Die Opposition warf dem Senat vor, mit Geld um sich zu werfen statt zu sparen.

Tschentscher verwies auf dramatische Steuerausfälle, die vor allem in diesem, aber auch im nächsten Jahr massive Auswirkungen hätten. Es werde einige Jahre dauern, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht sei, sagte er. Hamburg sei aber vor der Krise über viele Jahre in einer wirtschaftlich sehr guten Lage gewesen. So habe 2019 das Wirtschaftswachstum weit über dem Bundesdurchschnitt und auch weit über dem von Bayern und Baden-Württemberg gelegen. Entsprechend sei die Stadt nun auch in der Krise handlungsfähig.

Schwerpunkte des Doppelhaushalts seien Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, in die Digitalisierung, in den Schulbau, in die Hochschulen und vor allem in den Klimaplan. "Dort gibt es hohe Erwartungen und große Notwendigkeiten", sagte Tschentscher. Überraschungen beinhalte der Haushalt nicht. "Wir arbeiten an den vereinbarten Themen und Projekten." Der Haushaltsentwurf soll nun in die Bürgerschaft eingebracht und dort am 13. Januar erstmals im Parlament beraten werden. Ein Verabschiedung sei dann am 3. Juni geplant. Um bis dahin haushaltsrechtlich nicht ohne arbeiten zu müssen, will der Senat vom Parlament eine Ermächtigung für eine vorläufige Haushaltsführung bitten.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte, er rechne mit einem Steuereinbruch von insgesamt rund fünf Milliarden Euro. "Das wird natürlich Folgen haben." Gleichzeitig betonte er, der Senat stehe zur Hamburger Schuldenbremse. Entsprechend seien die geplanten Schulden auch aufgeteilt in Corona-Kredite zur Linderung akuter Notlagen (1,9 Milliarden Euro) und in Konjunkturkredite (2,2 Milliarden Euro), für die es bereits klare Tilgungsregeln gebe.

Dressel kündigte jährlich steigende Investitionen auf bis zu fast 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2024 an. Das sei ein sehr wichtiges Zeichen für die Wirtschaft, sagte er. Zudem werde es ein Wirtschaftsstabilisierungsprogramm über 898 Millionen Euro geben, um einzelne Bereiche noch besser ausstatten zu können, etwa den Ausbau des Radverkehrs. Entsprechend zufrieden zeigte sich auch Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne): "Mit insgesamt 1,2 Milliarden Euro in den kommenden beiden Jahren werden wir sehr viele sinnvolle Projekte für eine klimagerechte Mobilität in den Bereichen Radverkehr, ÖPNV und der Smart City Hamburg anschieben."

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sprach von einer großen Herausforderung, die beschlossenen Maßnahmen für den Klimaschutz finanziell abzusichern. "Ich bin erleichtert, dass das gelungen ist." Denn der Klimawandel lege keine Pause ein - selbst wenn eine Pandemie die Welt in Atem halte. "Es ist daher ohne Alternative, dass wir mit der Umsetzung des Klimaplans weitermachen und dies auch finanziell mit jährlich gut 227 Millionen Euro absichern."

Während die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen den Haushaltsentwurf erwartungsgemäß lobten, kam von der CDU, der AfD und der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein Kritik. "Offenbar sollen zahlreiche längerfristige Projekte und Ausgabewünsche jetzt mit den Notkrediten finanziert werden, deren Einsatz ausschließlich für Corona-Mehrbedarfe zulässig ist. Das ist fragwürdig", sagte der CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer. Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Thomas Reich, warf dem Senat vor, mit dem Geld nur so um sich zu werfen, und die FDP-Abgeordnete Treuenfels-Frowein betonte: "Von Sparsamkeit und Aufgabenkritik keine Spur. Das ist unverantwortlich gegenüber künftigen Generationen."

Auch der Bund der Steuerzahler zeigte sich unzufrieden. "Das Motto "viel hilft viel" ist nicht geeignet, um die Stadt, ihre Einwohner und die vielen gebeutelten Unternehmen durch die Corona-Krise zu führen", sagte dessen Vorsitzender Lorenz Palte. Dass der Senat Milliarden neuer Schulden aufnehmen wolle, ohne auch nur eine einzige relevante Sparanstrengung zu unternehmen, sei fatal. "Wir können nur hoffen, dass die Hamburgische Bürgerschaft ihre Rolle als Gesetzgeber ernst nimmt und Nachbesserungen an diesem Haushalt vornimmt."