Kiel. In Schleswig-Holstein schießen die Corona-Zahlen in die Höhe: Innerhalb eines Tages werden so viele Neuinfektionen verzeichnet wie noch nie. Minister Garg bezeichnet die Situation als “sehr ernst“.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat es in Schleswig-Holstein noch nie so viele Neuinfizierte innerhalb eines Tages gegeben: Die Zahl der gemeldeten Corona-Infizierten stieg um 163 Fälle, wie die Landesregierung mit Stand Montagabend mitteilte. Am Vortag waren 88 Neuinfektionen gemeldet worden. Nach einer Statistik des Gesundheitsministeriums in Kiel war bisher am 27. März mit 117 Neuinfektionen die höchste Tageszahl in Schleswig-Holstein verzeichnet worden. "Die Situation ist sehr ernst", sagte Gesundheitsminister Heiner Garg am Dienstag in Kiel.

Er appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Bürger. "Disziplin und Eigenverantwortung sowie gegenseitige Rücksichtnahme und ein verantwortungsvolles Miteinander können uns durch diesen Herbst und Winter in der Pandemie bringen. Aber nur so wird es gehen", sagte Garg. "Unser Ziel bleibt es, das soziale wie das wirtschaftliche Leben nur in dem Umfang einzuschränken, wie es zwingend erforderlich ist. Den Umfang bestimmten die Bürger "durch ihr eigenes Verhalten ganz maßgeblich".

Seit Beginn der Pandemie im Norden haben sich bislang 5877 Menschen nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 angesteckt. Als genesen gelten wie am Vortag nach Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) rund 4900 Menschen. In Krankenhäusern werden den Angaben zufolge 31 Covid-19-Patienten behandelt - sieben mehr als am Tag zuvor. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit dem Virus in Schleswig-Holstein gestorben sind, blieb weiter bei 163.

Der Inzidenzwert - die Zahl der Fälle pro 100 000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage - hat sich in Schleswig-Holstein nach Angaben des RKI innerhalb eines Monats verdreifacht auf inzwischen 19,0 (Stand Dienstag 00.00 Uhr). Im bundesweiten Vergleich steht Schleswig-Holstein damit noch gut da. Im Bundesdurchschnitt betrug der Inzidenzwert laut RKI 48,6, in Bayern 50,9 und in Nordrhein-Westfalen 62,2. Für Dithmarschen teilte die Kreisverwaltung am Abend mit, der Warnwert sei nach acht weiteren Fällen mit 36,79 überschritten.

"Die aktuelle Situation zeigt, dass auch Schleswig-Holstein sich nicht vom Bundestrend gänzlich abkoppeln kann", sagte Garg. "Wir haben in Schleswig-Holstein ein umfangreiches Instrumentarium erarbeitet, das jeweils regional immer dann zum Einsatz kommt, wenn die Schwellenwerte 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in 7 Tagen beziehungsweise 50 erreicht werden, um die Infektionsdynamik bremsen zu können."

In Schleswig-Holstein will die Landesregierung noch in dieser Woche die bis 1. November geltende Landesverordnung für Corona-Schutzmaßnahmen um eine Maßnahme aktualisieren. So solle die allgemeine Maskenpflicht schärfer gefasst werden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Dienstag in Kiel.

Bund und Länder hatten sich am 14. Oktober darauf geeinigt, dass bei steigenden Infektionszahlen und spätestens ab 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum überall dort gelten soll, wo Menschen dichter oder länger zusammenkommen.

In Regionen mit 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gelten nach den Bund-Länder-Beschlüssen folgende Teilnehmergrenzen: 25 Menschen im öffentlichen und 15 im privaten Raum. In Regionen mit 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern greifen noch schärfere Regeln. Dazu gehört neben einer Maskenpflicht, dass sich im öffentlichen Raum nur noch 10 Personen treffen dürfen. Die Gastronomie soll ab 23.00 Uhr schließen und keinen Alkohol mehr ausgeben dürfen. Bei Feiern dürfen in der Öffentlichkeit 10 Menschen zusammenkommen, im privaten Raum maximal 10 Leute aus höchstens zwei Haushalten.

Garg betonte, es sei weiter das Ziel, "dass die Gesundheitsämter die Kontaktpersonennachverfolgung garantieren können". Als medizinisches Ziel nannte der Minister zu verhindern, dass Menschen erkranken und auf die Intensivstation müssen.

"Die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein sind gut auf die aktuelle Situation eingestellt", sagte Garg. "Wir haben gegenüber dem Beginn der Pandemie die Intensivkapazitäten um rund 90 Prozent erhöht, Hygienepläne und Besuchsregelungen sind eingespielt, das Personal ist entsprechend geschult."

Mit einem starken ambulanten Bereich sei man ebenfalls gut gerüstet. Dies bedeute aber nicht, es darauf ankommen zu lassen. "Jeder Einzelne muss sich selbst fragen, ob er mit seinem persönlichen Verhalten zur Verlängerung oder zur Verkürzung der Pandemie beiträgt." Regelungen der Politik könnten nur ergänzend wirken und ersetzten nicht Vorsicht, Rücksicht und Disziplin.