Hamburg. Verdi ruft Beschäftigte in Krankenhäusern wieder zum Warnstreik auf – trotz Corona. UKE sieht Patientenwohl gefährdet.

Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten in Hamburgs Krankenhäusern erneut zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Betroffen seien am Dienstag die Asklepios-Kliniken und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), teilte die Gewerkschaft Verdi am Freitag mit.

Die Beschäftigten sollen so vor der nächsten Tarifverhandlungsrunde im öffentlichen Dienst am kommenden Donnerstag und Freitag in Potsdam den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Verdi fordert für die Beschäftigten 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr pro Monat. Scharfe Kritik an dem geplanten Warnsteik in Hamburg kommt von den Klinikleitungen. Sie nannten den Warnstreik nicht nachvollziehbar und warnten vor einer Gefährdung des Patientenwohls.

Warnstreik des Klinikpersonals – für UKE nicht akzeptabel

Das Vorgehen von Verdi in der aktuellen Corona-Situation sei "völlig unverständlich und nicht akzeptabel", teilte das UKE am Freitag mit. Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement des UKE, sagte: "Viele Patienten konnten in den letzten Monaten nicht behandelt werden." Einerseits weil Eingriffe hätten verschoben werden müssen, andererseits weil Patienten wegen möglicher Ansteckungen in den Kliniken verängstigt gewesen seien.

Die Kliniken seien noch lange nicht wieder im Normalbetrieb und würden wegen der derzeit steigenden Infektionszahlen auch weiterhin Einschränkungen im Klinikbetrieb haben. „Wir erwarten daher von Verdi, die laufenden Tarifverhandlungen konstruktiv zu führen und die Sicherheit der Patientenversorgung nicht durch unverhältnismäßige Streikmaßnahmen zu gefährden", so Anja Rhode, Geschäftsführerin Personal der Asklepios Kliniken Hamburg. Ihrer Ansicht nach sollte Verdi in der aktuellen Situation zu einem Tarifabschluss, der für die Arbeitgeber umsetzbar ist, beitragen. Rhode: "Leistungsausfälle und wirtschaftliche Belastungen durch Corona dürfen nicht durch Streikmaßnahmen und unverhältnismäßige Tarifforderungen weiter verschärft werden."

Gegenentwurf der Arbeitgeber "Schlag ins Gesicht der Pflegekräfte"

Die Krankenhausmitarbeiter hatten bereits Ende September für einen Tag die Arbeit niedergelegt. Dabei habe Verdi eine Notdienstvereinbarung vorgelegt, damit während des Streiks eben keine Patienten gefährdet werden. Den dann von den Arbeitgebern vorgelegten Gegenentwurf bezeichnete die Verdi-Landesfachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales, Hilke Stein, als einen Schlag ins Gesicht der Pflegekräfte. "Die Krankenhäuser möchten die Stationen im Streik teilweise besser besetzen als es im Klinikalltag der Fall ist – das ist eine Frechheit!"

Während des jüngsten Streiks hätten mangels Notdienstvereinbarung Streikende von den Verdi-Arbeitskampfleitungen wieder auf Station zurückgeschickt werden müssen. "Ihnen wurde damit faktisch ihr Grundrecht auf Streik verwehrt", so Stein. In der Folge hätten innerhalb einer Woche 1245 Beschäftigte die Forderung nach einer Notdienstvereinbarung unterschrieben, was die Arbeitgeber aber wieder nur mit der Vorlage ihrer Notdienstvereinbarung vom ersten Streiktag quittiert hätten.

Die Arbeitgeberseite wies die Vorwürfe zurück. In der von ihr vorgelegten Notdienstvereinbarung sei die Personalbesetzung auf ein Mindestmaß reduziert worden.

Linken-Fraktion: Grundrecht auf Streik wird mit Füßen getreten

Deniz Celik, der Gesundheitsexperte der Linken-Bürgerschaftsfraktion, betonte, dass nicht der Streik die Versorgung in den Krankenhäusern gefährde, sondern "die geringe Bezahlung und die schlechten Arbeitsbedingungen". Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass Beschäftigte in den Krankenhäusern systemrelevant sind und nun wirklich eine bessere Bezahlung verdient haben.

Deniz Celik, der Gesundheitsexperte der Linken-Bürgerschaftsfraktion
Deniz Celik, der Gesundheitsexperte der Linken-Bürgerschaftsfraktion © Die Linke

"Aber der Großteil der inzwischen vergessenen Corona-Helden erhält als Anerkennung nicht einmal die versprochene Corona-Prämie", kritisierte Celik. "Und nun wird auch noch ihr Streikrecht vom UKE und von Asklepios ausgehebelt, weil die Kliniken die von Verdi vorgeschlagene Notdienstvereinbarung ablehnen und somit die Patientenversorgung im Streikfall unmöglich machen." Der Linken-Politiker forderte den Senat auf, nicht länger dabei zuzusehen, "wie das Grundrecht auf Streik mit Füßen getreten wird und die Beschäftigten durch moralischen Druck erpresst werden".

Verdi ruft zu Warnstreik an Hamburger Forschungseinrichtungen auf

Verdi hat am Freitag auch die Beschäftigten der Hamburger Forschungseinrichtungen und der Helmut-Schmidt-Universität für kommenden Dienstag zu einem ganztätigen Warnstreik aufgerufen. Um den Druck auf die Arbeitgeber in der laufenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst zu erhöhen, sollen sie zwischen 6 und 18 Uhr die Arbeit niederlegen, wie Verdi am Freitag mitteilte.

Verdi fordert für die Beschäftigten unter anderem eine Lohnerhöhung von 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro im Monat. Am kommenden Donnerstag beginnt in Potsdam die nächste Verhandlungsrunde in der Tarifauseinandersetzung mit dem Bund und den Kommunen.