Hamburg

Warnstreiks: U-Bahn und viele Busse fahren bis 12 Uhr nicht

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Andreas Dey
U-Bahnen werden am Dienstag in Hamburg bestreikt.

U-Bahnen werden am Dienstag in Hamburg bestreikt.

Foto: dpa

Stadtreinigung, Kitas und Kliniken – und heute der öffentliche Nahverkehr. Dabei geht es um unterschiedliche Tarifkonflikte.

Hamburg. Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst wirken sich zunehmend spürbar auf den Alltag der Hamburger aus. Wurde Ende vergangener Woche der Müll nicht abgeholt, legten am Montag die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vieler Kitas, Kliniken und anderer sozialer Einrichtungen ganztägig die Arbeit nieder.

Und heute geht es weiter: Seit 3 Uhr werden bis mittags um 12 Uhr die U-Bahnen und Busse der Hochbahn und der VHH bestreikt. Wie die Hamburger Hochbahn mitteilt, wird der Betrieb von U-Bahnen und Bussen erst nach Ende des Warnstreiks ab 12 Uhr aufgenommen. Ein stabiler Fahrplan sei erst im Laufe des Nachmittags wieder möglich, voraussichtlich ab 15 Uhr. Aktuell versucht die Hochbahn, zumindest die Busbeförderung für Schüler (700er-Linien) aufrecht zu erhalten.

Mehr als 1000 Menschen folgten Aufruf der Gewerkschaft

Am Montag machten unter anderem die Erzieherinnen mit kreativen Sprüchen auf sich aufmerksam. „Eine Erzieherin ist wie ein Dessous: Spitzenqualität für ein Hauch von Nichts“, hatte eine junge Frau auf ihr Plakat geschrieben, das sie auf einer Kundgebung rund um die Binnenalster trug.

Deutlich mehr als die im Rahmen der Corona-Auflagen erlaubten 1000 Personen folgten dem Aufruf der Gewerkschaft Ver.di zur Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug zum Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof. Doch weil die Hygieneregeln weitestgehend eingehalten wurden, schritt die Polizei nicht ein.

Zwar verdienen Mitarbeiter in Kitas deutlich mehr als „ein Hauch von Nichts“, doch erstens könnte aus ihrer Sicht eine bessere Bezahlung helfen, dem Personalmangel entgegenzuwirken, und zweitens fehlte vielen von ihnen die Anerkennung für ihr Engagement während der Corona-Krise. „Die Beschäftigten in den Krankenhäusern, Kitas und in der sozialen Arbeit halten das Herz der Stadt am Schlagen“, sagte Hilke Stein, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales bei Ver.di Hamburg, und betonte: „Es ist unfair, erst warme Worte zu sprechen und bei der Vergütung nun die kalte Schulter zu zeigen.“

Arbeitgeber halten Forderungen als unfinanzierbar

Wie berichtet, fordert Ver.di für die bundesweit 2,3 Millionen Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen 4,8 Prozent mehr Geld, mindestens aber 150 Euro (Azubis: 100 Euro), bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. In Hamburg sind etwa 45.000 Beschäftigte betroffen. Die Arbeitgeber weisen die Forderungen vor der Hintergrund der Corona-Krise als unfinanzierbar zurück. Am 22. Oktober steht die dritte Verhandlungsrunde an.

Allein bei dem städtischen Kita-Betreiber Elbkinder nahmen am Montag nach Angaben von Sprecherin Kathrin Geyer 1843 von 5543 pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Warnstreiks teil. Das entspricht einer Beteiligung von rund 33 Prozent. Von den 189 Elbkinder-Kitas mussten daher 20 geschlossen werden. „In der weit überwiegenden Anzahl der Kitas findet entweder eine normale Betreuung oder eine Notbetreuung statt“, teilte Geyer mit.

Knapp 8000 von rund 23.000 „Elbkindern“ seien in der Notbetreuung. Der Streik bei der Tochterfirma Elbkinder Service Gesellschaft sei dagegen kaum spürbar, da die Kitas im Bedarfsfall auf externe Caterer und Reinigungsfirmen zurückgreifen könnten.

Medizinische Versorgung von Patienten gesichert

Aus dem Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) hieß es, die medizinische Versorgung der Patienten sei auch während des Warnstreiks sichergestellt: „Dies betrifft sowohl die stationär aufgenommenen Patienten als auch die eintreffenden Notfälle“, teilte eine Kliniksprecherin mit. „Allerdings mussten einige nicht dringliche Operationen und ambulante Termine verschoben werden.“

Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement und Vorstandsmitglied des UKE, sagte: „Ich teile grundsätzlich den Wunsch nach guten Arbeitsbedingungen für unsere Beschäftigten. Ich appelliere aber an die Gewerkschaft Ver.di, während der aktuellen Corona-Pandemie die Interessen der Beschäftigten mit Augenmaß zu vertreten.“

Aus den sieben Asklepios Kliniken haben sich nach Angaben von Konzernsprecher Rune Hoffmann etwa 300 Mitarbeiter an dem Warnstreik beteiligt. „Die medizinische Versorgung der Patienten ist trotz des Streiks sichergestellt“, so Hoffmann. Das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ unterstützte den Warnstreik, mahnte aber: „4,8 Prozent mehr Lohn sind schön und gut, aber was wir vor allem brauchen, ist mehr Personal“, sagte Bündnis-Mitglied Constanze Weichert.

U-Bahn-Betrieb wird eingestellt

Die Hamburger Hochbahn rechnete bereits am Montag mit „massiven Einschränkungen“ für ihre Fahrgäste und die der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH). Beide Firmen werden am Dienstag von 3 bis 12 Uhr bestreikt – am frühen Morgen gab die Hochbahn bekannt, dass der U-Bahn- und Busbetrieb erst nach Ende des Streiks aufgenommen wird. Fahrgäste sollten möglichst versuchen, ihre Ziel mit anderen Verkehrsmitteln zu erreichen oder ganz auf Fahrten verzichten. Immerhin: S-Bahnen und Regionalbahnen fahren.

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„Unverständlich“ findet es die Hochbahn, dass sie in die Konflikte um den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TV-ÖD) und die Tarifverträge für den kommunalen Nahverkehr (TV-N) hineingezogen wird – denn sie wendet keinen von beiden an, sondern hat einen Haustarifvertrag. Diesen hat Ver.di nach eigener Mitteilung gekündigt und will nun bundesweit Verbesserungen für die 87.000 Beschäftigten in 130 Verkehrsbetrieben (davon etwa 7000 bei Hochbahn und VHH) erstreiten.

Natale Fontana, Fachbereichsleiter Verkehr bei Ver.di Hamburg: „Die Arbeitsplätze sind wenig attraktiv, und folglich ist der Fachkräftemangel enorm, was wiederum zu einem negativen Kreislauf führt, der die Belastungsgrenze mittlerweile bei Weitem überschreiten lässt.“

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