Berlin/Hamburg. Rein geologisch stünde einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll im Hamburger Osten nichts entgegen. Gleiches gilt für die Elbmündung mit dem Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer. Bis zu einer Entscheidung stehen aber noch viele andere Kriterien zur Debatte.

Deutschlands zweitgrößte Stadt Hamburg ist zumindest aus geologischer Sicht nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung für ein Atommüll-Endlager geeignet. Wie aus dem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht Teilgebiete hervorgeht, befindet sich im östlichen Teil der Hansestadt das für ein Endlager passende Tongestein. Gleiches gelte für das Hamburger Gebiet an der Elbmündung bei der Insel Neuwerk, das zum größten Teil zum Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer gehört.

Insgesamt haben den Angaben zufolge in Deutschland 90 Gebiete günstige geologische Voraussetzungen für ein Endlager für hoch radioaktiven Atommüll. Berücksichtigt man die Überlagerung einiger Gebiete, wären 54 Prozent Deutschlands nach mindestens einem geologischen Kriterium - Tongestein, Steinsalz oder kristallines Wirtsgestein, also vor allem Granit - für ein Endlager geeignet.

Eine Vorfestlegung auf einen Standort ist damit aber nicht verbunden. In den kommenden Jahren werden die möglichen Standorte nach und nach weiter eingegrenzt, indem weitere Kriterien berücksichtigt werden. "Dieser Bericht ist eine rein wissenschaftliche erste Eingrenzung, die nur auf geologischen Kriterien fußt", betonte die Umweltbehörde von Senator Jens Kerstan (Grüne). Aspekte wie Bevölkerungsdichte und die Nähe zu Schutzgebieten würden erst in den nächsten Schritten berücksichtigt. 2031 soll der Standort gefunden sein, von 2050 an sollen Behälter mit strahlendem Abfall eingelagert werden.

Das Teilgebiet mit Hamburg umfasst auch die Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt und ist insgesamt knapp 63 000 Quadratkilometer groß. Der Hamburger Teil allein erstrecke sich auf 415 Quadratkilometer. Weitere Teilgebiete - auch mit anderen geologischen Kriterien - liegen etwa in Bayern und Baden-Württemberg. Der Salzstock Gorleben in Niedersachsen ist nicht darunter.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, begrüßte, "dass die Standortsuche jetzt auf wissenschaftlichen Fakten und nicht auf der politischen Gemengelage beruht". Es zeige sich, dass eine Vorfestlegung auf den Standort Gorleben, wie sie insbesondere durch die Unionsgeführten Bundes- und Landesregierungen vorgenommen worden seien, ein gefährlicher Fehlgriff gewesen sei.

Gleichzeitig kritisierte Kienscherf Bayern. Die CSU und die Freien Wähler sehen einen Grundsatz der Endlagersuche beschädigt, weil die Bundesgesellschaft für Endlagerung neben geeignetem Gestein auch Barrieren und technische Maßnahmen als ausreichend ansieht, und vermuten ein politisch motiviertes Verfahren. "Dass die CSU-geführte bayrische Landesregierung schon jetzt die Grundlage des Suchprozesses anzweifelt, um mögliche Standorte in Bayern zu verhindern, wird der Verantwortung der Union in dieser Sache nicht gerecht", erklärte Kienscherf.

"Die Nutzung der Kernkraft war ein gesamtgesellschaftlicher Fehler, den wir Grüne von Anfang an kritisiert haben", erklärte der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Johannes Müller. Jetzt gelte es, die gemeinsame Verantwortung für die Folgen wahrzunehmen und einen möglichst sicheren Standort zur Endlagerung des Abfalles zu finden - auf wissenschaftlicher Basis und im Dialog mit den betroffenen Menschen. An dieser Frage werde überdies deutlich, wer bereit sei, Verantwortung für Deutschland als Ganzes zu übernehmen. "Unabhängig davon ist auch Bayern an Recht und Gesetz gebunden und wird sich dem Prozess stellen müssen", erklärte Müller.