Kiel. Regierung und Opposition ziehen wegen der Corona-Krise im Norden an einem Strang: Ein Notkredit über 4,5 Milliarden Euro soll trotz weniger Steuern Investitionen in Krankenhäuser, Schulen und den Wohnungsbau ermöglichen. Nur sparen reiche nicht, sagt Ministerpräsident Günther.

Mit einem Notkredit in Höhe von 4,5 Milliarden Euro wollen Regierung und Opposition die Folgen der Corona-Krise in Schleswig-Holstein abfedern. Nach knapp sechsstündigen Verhandlungen verständigte sich die Jamaika-Koalition mit SPD und SSW über das Finanzpaket. Damit wollen sie sicherstellen, dass in den kommenden Jahren Investitionen in Krankenhäuser, Straßen, Schulen oder den Wohnungsbau möglich sein werden.

"Es sind besondere Zeiten, auf die wir Schleswig-Holstein vorbereiten wollen", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Freitag bei der Vorstellung der Pläne. Das Land könne nicht mit Sparen auf die Folgen der Corona-Pandemie reagieren. Die Konjunkturprognosen und die aktuelle Steuerschätzung zeigten, dass die Politik handeln müsse. "Wir wollen die Investitionskraft der öffentlichen Haushalte erhalten."

Laut Sonder-Steuerschätzung wird Schleswig-Holstein in diesem Jahr voraussichtlich eine Milliarde Euro weniger an Steuern einnehmen als vor der Corona-Krise erwartet - bis 2014 sind es rund 3,6 Milliarden Euro.

Bekannt wurde am Freitag, dass zusätzliche 124 Millionen Euro für die Krankenhäuser im Land bereitgestellt werden sollen. Geplant sind auch ein Schulbau-Fonds in Höhe von 120 Millionen Euro, je 15 Millionen Euro mehr für den sozialen Wohnungsbau in den kommenden vier Jahren und 10 Millionen Euro für Kurzzeitpflegeplätze.

Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) sprach von einem "singulären Vorgang in der Nachkriegsgeschichte". Seine Fraktion stelle sich wie der SSW der staatspolitischen Verantwortung. "Man bleibt aber trotzdem Opposition." Für SSW-Fraktionschef Lars Harms ist wichtig, dass das Land trotz der Pandemie handlungsfähig bleibt. "Die Auswirkungen der Corona-Krise kann man nicht einfach wegsparen."

Für den Notkredit ist im Landtag eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Deshalb sind CDU, Grüne und Jamaika auf Unterstützung aus den Reihen der Opposition angewiesen.

Den Kommunen hatte die Regierung in der vergangenen Woche bereits 517 Millionen Euro zugesagt. Hinzu kommen 2,5 Milliarden Euro für das Infrastrukturprogramm Impuls bis 2029 und 1,4 Milliarden Euro, um Einsparungen zwischen 2021 und 2024 zu vermeiden. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sprach von einem Kraftakt. "Wir können es vergleichen mit der HSH Nordbank. Das trifft uns auch hart."

Das Ergebnis der Verhandlungen sei aber gut für das Land, sagte Heinold. Sie plane stets "überall Risikoreserven" ein. Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) betonte, dass in Schleswig-Holstein durch die Übereinkunft mit der Opposition etwas gelungen sei, was in anderen Ländern nicht möglich scheine.

Neben dem Notkredit plant die Koalition auch eine weitere Kreditermächtigung in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, um konjunkturelle Mindereinnahmen auszugleichen - inklusive 200 Millionen Euro Risikopuffer. Dafür ist allerdings keine Zustimmung der Opposition erforderlich. Die AfD lehnt die Pläne für den Notkredit ab.

Laut Finanzministerium drückten das Land bereits vor der Pandemie 29 Milliarden Euro Schulden. Einem ersten Notkredit über eine Milliarde Euro hatte der Landtag im Frühjahr zugestimmt. Durch Verpflichtungen aus dem Verkauf der Bank kommen bis 2024 weitere 1,8 Milliarden Euro hinzu. Damit beträgt die Schuldenlast bereits ohne den Notkredit rund 32 Milliarden Euro.