Kiel. Durch die Corona-Pandemie drohen Schleswig-Holstein Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Finanzministerin Heinold arbeitet an einem Notkredit über 4,5 Milliarden Euro. Sie will harte Sparprogramme vermeiden. Dafür braucht sie die Hilfe der Opposition.

Schleswig-Holstein plant zur Bewältigung der Corona-Krise einen neuen Notkredit über 4,5 Milliarden Euro. "Wir sind in der Jamaika-Koalition überzeugt, dass es nicht gut wäre, in der Krise gegen an zu sparen", sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am Dienstag in Kiel. Das Land befinde sich in einer Ausnahmesituation. Am Donnerstag sind Verhandlungen mit SPD und SSW geplant. Die Regierung braucht die Opposition für die im Landtag notwendige Zweidrittel-Mehrheit.

Den Kommunen hat die Regierung bereits 517 Millionen Euro zugesagt, um die finanziellen Herausforderungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Hinzukommen sollen nun 2,5 Milliarden Euro für das Infrastrukturprogramm Impuls bis 2029. 1,4 Milliarden Euro sind eingeplant, um Einsparungen zwischen 2021 und 2024 zu vermeiden und 100 Millionen Euro für Corona-Tests und mögliche Impfungen.

"Die 4,5 Milliarden Euro sind kein Freifahrtschein für fröhliches Geldausgeben", sagte Heinold. Ohne Notkredit wären in den kommenden Jahren jedoch "dramatische Einsparungen" nötig. Das ginge immer zu Lasten der Infrastruktur-Projekte. "Sie können ja nicht Schulen schließen, Polizei und Justiz reduzieren."

Neben dem Notkredit will Heinold eine weitere Kreditermächtigung in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, um konjunkturelle Mindereinnahmen auszugleichen. Darin enthalten sind 200 Millionen Euro Risikopuffer, falls die Steuereinnahmen noch weiter als bislang befürchtet einbrechen sollten.

Oppositionsführer Ralf Stegner signalisierte Unterstützung. "Für uns stehen die Interessen der Menschen im Land im Mittelpunkt. Sie dürfen nicht unter den fiskalischen Auswirkungen der Corona-Krise leiden, für die sie selbst nichts können", sagte der SPD-Fraktionschef. "Deshalb stellen wir uns als größte Oppositionspartei unserer Verantwortung." Seine Fraktion will am Mittwoch (9.00 Uhr) eigene Schwerpunkte für den Nachtragshaushalt vorstellen.

CDU-Fraktionschef Tobias Koch appellierte an die SPD, wie bisher in der Corona-Krise verantwortungsvoll zu handeln. "Dies ist keine Zeit des Schacherns oder Nehmens." Die zusätzlichen Mittel seien angesichts der Steuerausfälle notwendig, um zum Beispiel die Kommunen zu unterstützen und unerlässliche Investitionen nicht dem Rotstift zum Opfer fallen zu lassen.

Für FDP-Fraktionschef Christopher Vogt ist wichtig, weiter gezielt in Straßen und Bildung zu investieren. "Mit Blick auf die zukünftige Einnahmesituation können wir nicht gegen die Krise gegen an sparen, aber sparsames Haushalten wird die nächsten Jahre notwendig sein." Zu soliden Finanzen gelange das Land am schnellsten durch erneutes Wachstum und gutes Corona-Krisenmanagement.

Kritik an den Plänen kam von der AfD. "Unter dem Deckmantel von Corona-Hilfen öffnet Frau Heinold nun endgültig alle Schulden-Schleusen", sagte Fraktionschef Jörg Nobis. Die Notkredite gingen weit über gebotene Hilfen etwa für die Kommunen hinaus.

Laut Sonder-Steuerschätzung wird Schleswig-Holstein in diesem Jahr voraussichtlich eine Milliarde Euro weniger an Steuern einnehmen als vor der Corona-Krise geplant. Bis 2024 muss das Land nach derzeitigem Stand mit rund 3,6 Milliarden Euro weniger auskommen als vor der Corona-Pandemie erwartet.

Nach Angaben des Finanzministeriums drückten das nördlichste Bundesland bereits vor der Corona-Pandemie Schulden in Höhe von 29 Milliarden Euro. Einem ersten Notkredit über eine Milliarde Euro hat der Landtag bereits im Frühjahr zugestimmt. Bis 2024 werden außerdem noch insgesamt 1,8 Milliarden Euro durch Verpflichtungen aus dem Verkauf der ehemaligen HSH Nordbank kommen. Damit beträgt die Schuldenlast ohne den Fünf-Milliarden-Kredit mittelfristig bereits rund 32 Milliarden Euro.