Hamburg. Vor dem Verwaltungsgericht klagt ein dunkelhäutiger Mann aus Togo gegen die Stadt Hamburg – er wirft Polizeibeamten vor, ihn allein wegen seiner Hautfarbe dreimal angehalten und zu Unrecht kontrolliert zu haben. Nachdem vor zwei Wochen in der Neustadt ein 15 Jahre alter Jugendlicher ausländischer Herkunft von mehreren Polizisten umzingelt und zu Boden gebracht worden war, demonstrierten am Holstenwall Hunderte gegen „rassistische Polizeigewalt“.
Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen, findet offenbar nicht nur die Hamburger Linke. Mit den Stimmen von SPD und Grünen ist am Mittwoch ein Antrag der Linken-Bürgerschaftsfraktion zur „Durchführung einer Studie zum Racial Profiling bei der Polizei“ in den Innenausschuss überwiesen worden. Eine Studie zu möglichen rassistischen Tendenzen innerhalb der Polizei auf Bundesebene hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU) hingegen im Juli abgelehnt. Eine Online-Petition, die eine solche wissenschaftliche Untersuchung fordert, hat inzwischen mehr als 76.000 Unterzeichner.
„Was Seehofer nicht will, sollte Hamburg jetzt tun“
Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linken-Bürgerschaftsfraktion, findet denn auch: „Was Seehofer nicht will, sollte Hamburg jetzt tun.“ Wie es in dem Linken-Antrag heißt, schilderten auch in Hamburg Menschen, „die ihrem Erscheinungsbild als nicht weiß gelesen werden, die Erfahrungen, dass sie regelmäßig von der Polizei kontrolliert werden, ohne dass sie dafür entsprechende Ursachen gesetzt haben“. Die Polizei Hamburg hingegen „leugne“ ein derartiges Vorgehen und wiederhole „mantraartig, dass die Herkunft und/oder Hautfarbe von Personen keine Kriterien für polizeiliches Einschreiten seien“.
Eine Studie solle von einer „polizeiexternen Einrichtung mit Expertise im Bereich der Rassismusforschung“ durchgeführt werden. Die Ergebnisse sollten bis zum 31. Dezember 2021 vorliegen.
Vielschichtiges Thema
In der Studie gehörten „stereotype Denkmuster innerhalb des Polizeisystems“ genauso auf den Prüfstand wie die Bedeutung von Menschenrechten bei der Aus- und Fortbildung, so der innenpolitische Sprecher. Celik: „Für die Absage der Studie auf Bundesebene haben SPD und Grüne Innenminister Seehofer scharf kritisiert. Deshalb erwarten wir, dass sie unseren Antrag auf Hamburger Ebene unterstützen. Der Senat darf sich der Debatte um Racial Profiling nicht länger verschließen, sondern muss den Weg für eine strikt menschenrechtsorientierte Polizeipraxis ebnen.“
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Der SPD-Abgeordnete Sören Schumacher: „Ein Antrag, der im Titel schon unterstellt, dass struktureller Rassismus die Grundlage polizeilichen Handelns sei, ist nicht hilfreich. Das Thema ist vielschichtig und sollte die Interessenlagen aller Beteiligten berücksichtigen.“
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