Kiel. Kaputte Straßen, marode Schulen, veraltete Hochschul- und Klinikgebäude - Schleswig-Holstein hat über Jahrzehnte seine Infrastruktur teilweise verrotten lassen. Seit einigen Jahren baut das Land den Sanierungsstau ab. Jetzt droht eine Corona-Bremse.

Schleswig-Holstein hat innerhalb von fünf Jahren ein Viertel seines Modernisierungsstaus in der Infrastruktur von fast 8,5 Milliarden Euro abgebaut. Dies geht aus einem Bericht hervor, den Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am Dienstag für die Jahre 2018 und 2019 vorgestellt hat. In diesem Zeitraum flossen rund 1,3 Milliarden Euro in die Infrastruktur - in Krankenhäuser, Straßen, Hochschulen, Schulen und weitere Bereiche.

Den noch verbleibenden Modernisierungsbedarf bezifferte Heinold auf 6,3 Milliarden Euro. Davon habe das Land bis einschließlich 2029 bereits 5,8 Milliarden Euro eingeplant. Doch hier kommt die Corona-Krise als große Unbekannte ins Spiel. Die Belastungen aus der Pandemie dürften das Land nicht davon abhalten, kräftig in die Infrastruktur zu investieren, sagte Heinold. Deren Sanierung sei eine Grundlage dafür, im Wettbewerb mit anderen Ländern zu bestehen.

Nach Heinolds jüngster Prognose könnten die coronabedingten Schulden des Landes die Zwei-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten. Eine Milliarde wurde bereits beschlossen. Weiteren Aufschluss über die Lage soll eine Sonder-Steuerschätzung im September bringen.

In welchem Ausmaß die Corona-Schulden Abstriche an den Investitionsplänen erfordern werden, könne sie noch nicht sagen, sagte Heinold. Sie verwies auf die im Herbst anstehende weitere Planung, auf das vorhandene Sondervermögen "Impuls" und die jahrzehntelange Vernachlässigung der Infrastruktur. Sie werbe dafür, weiterhin viel Geld in die Modernisierung der Infrastruktur zu stecken. Heinold bekannte sich trotz unabsehbarer Corona-Folgen zu dem Ziel, den Sanierungsstau wie geplant bis 2030 abzubauen.

"Aus dem Sanierungsplan ist ein Modernisierungsprogramm für unser Land geworden", sagte Heinold. Als Finanzierungsschwerpunkte für 2018/19 nannte sie das Uniklinikum (452 Millionen Euro), die Sanierung der Landesstraßen samt Radwegen (205 Millionen), die Hochschulen (184 Millionen) und die weiteren Krankenhäuser (98 Millionen). Außerhalb der unmittelbaren Zuständigkeit des Landes, besonders in die kommunale Infrastruktur, seien 130 Millionen Euro geflossen. Weitere hohe Millionenbeträge gingen in die energetische Sanierung von Gebäuden, in Elektromobilität, in Sportstätten und in die Digitalisierung. Mit dem Programm "Schulen ans Netz" wurden mehr als 500 der rund 800 Schulen ans schnelle Internet angeschlossen.

Im Blick auf die bis 2029 noch nicht finanzierten etwa 500 Millionen Euro verwies Heinold auch auf bereits angemeldeten Mehrbedarf: 335 Millionen für den Küstenschutz infolge des Klimawandels (Deichsicherheit) und 110 Millionen für die Hochschulen. Bei diesen werde die Sanierung der oft alten Gebäude häufig teurer als geplant.

Während die Koalitionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP die Bemühungen der Regierung um die Infrastruktur lobten, kam von der SPD Kritik. Es bleibe unklar, wie Jamaika den Bedarf bei Bildung, Digitalisierung, Gesundheitsversorgung und Kommunen decken will, sagte Fraktionsvize Beate Raudies. Coronabedingt werde sich zudem die Haushaltslage verschlechtern. CDU, FDP und Grüne schafften es auch nicht, sich auf gemeinsame Investitionsziele zu verständigen. "So kocht die Regierung auf kleinster Flamme", sagte Raudies.