Hamburg. Eine autoarme Innenstadt steht ganz oben auf der rot-grünen Koalitionsliste. Nun leitet der Senat erste Schritte ein - aber ein komplettes Konzept dauert noch ein wenig.

Hamburgs Prachtboulevard an der Binnenalster, der Jungfernstieg, soll bereits zum Weihnachtsgeschäft weitgehend autofrei werden. Es sei geplant, eine Mittelinsel auf der Fahrbahn zu markieren und den motorisierten Individualverkehr zu verbannen, teilten die Behörden für Verkehr und Stadtentwicklung sowie das Bezirksamt Mitte am Donnerstag in der Hansestadt mit. Zulässig bleiben Busse, Bahnen, Stadtrundfahrten und der Lieferverkehr. Der Fahrradweg, der bislang kaum markiert auf dem wasserseitigen Bürgersteig einen kurvenreichen Verlauf nimmt, wird zurückgebaut.

Auch im angrenzenden Passagenviertel wird die Verkehrsführung verändert und Teile aus der Nutzung durch Autos herausgenommen. "Da es sich um vorläufige Maßnahmen handelt, sind keine größeren Bauarbeiten notwendig", sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Auch für die Mönckebergstraße, die mit ihrem Verlauf vom Bahnhof zum Rathaus und vielen Geschäften eine zentrale Funktion in der Hamburger Innenstadt einnimmt, wird eine Baumaßnahme der U-Bahn neu organisiert, so dass im Winterhalbjahr weniger Sperrungen erforderlich sind.

"Wir sorgen für eine verbesserte Situation für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Nahverkehr", erklärte Tjarks. "Dadurch erhöhen wir die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt." Das nutze auch dem Einzelhandel. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) ergänzte, der Jungfernstieg sei die schönste Flaniermeile für Hamburger und Gäste und werde behutsam weiterentwicklelt. Ab Herbst 2021 soll dann der endgültige Umbau des Jungfernstiegs beginnen und es soll in Zusammenarbeit mit den Kaufleuten und Anliegern der Innenstadt ein Konzept erarbeitet und umgesetzt werden.

Während Sprecher der Regierungsparteien SPD und Grüne die Pläne des Senats begrüßten, kam aus der Opposition Kritik. "Die Sperrung des Jungfernstiegs ohne Konzept für Verkehrsströme und eine Aufwertung des Areals ist ein Schnellschuss des neuen Verkehrssenators", sagte der CDU-Abgeordnete David Erkalp. Das Vorhaben sei eine Mogelpackung. "In Wahrheit wird nicht nur der Jungfernstieg, sondern damit auch das gesamte innenstädtische Areal zwischen Rathaus und Gänsemarkt de facto gesperrt."

Die Wirtschaft beobachtet die Senatspolitik in der Innenstadt mit Distanz. "Ich hoffe, dass dem berechtigten Interesse des Hamburger Handwerks an einem flüssigen Handwerks-, Liefer- und Wirtschaftsverkehr Rechnung getragen wird", sagte Hjalmar Stemmann, Präses der Handwerkskammer. "Wir fordern Fahrgenehmigungen und Service-Parkplätze." Ohne eine sichere Versorgung der Bevölkerung mit Handwerksleistungen könne die Innenstadt auch als Wohnquartier nicht wieder attraktiver werden.