Kiel. Wegen rechtlicher Bedenken gilt jetzt doch wieder der alte Bußgeld-Katalog. Was das für Städte im Norden bedeutet.

Das Hickhack um den neuen Bußgeldkatalog macht den Kommunen in Schleswig-Holstein viel Arbeit. Allein in den vier kreisfreien Städten müssen rund 80.000 Bußgeld-Verfahren neu bearbeitet werden. "Das Land Schleswig-Holstein als Aufsichtsbehörde hat uns angewiesen, sämtliche Verfahren, denen der neue Bußgeldkatalog zugrunde liegt, zu überarbeiten", sagte Kiels Stadtrat Christian Zierau der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatten die "Kieler Nachrichten" darüber berichtet.

In Kiel seien 40.000 Verfahren für Verstöße zwischen dem 28. April und dem 2. Juli betroffen, sagte Zierau. Für etwa 22.000 bereits unter Beachtung der Verschärfung des Bußgeldkatalogs abgeschlossene Verfahren soll es noch in dieser Woche vom Bundesverkehrsministerium eine Handlungsanweisung geben.

Neuer Bußgeldkatalog ausgesetzt: Herausforderung in Corona-Zeiten

"Die übrigen 18.000 laufenden Verfahren werden nach altem Bußgeldkatalog vermutlich neu zu bescheiden sein." Die Stadt arbeite aktuell an einer technischen Lösung, um den Arbeitsaufwand zu begrenzen. "In jedem Fall ist es gerade zu diesem Zeitpunkt, mit den vielen Corona-bedingten Einschränkungen und Anforderungen, mehr als ungünstig, hier Unklarheit und Mehraufwand zu haben."

In Lübeck wurden von Ende April bis zum Freitag 25.981 Bußgeldverfahren nach dem neuen Katalog eingeleitet, sagte eine Stadtsprecherin. Davon sei in 440 Fällen der Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet worden. In Neumünster sind nach Angaben der Stadt 6000 Verfahren betroffen. In Flensburg müssen etwa 6500 bereits abgeschlossene Verfahren neu bearbeitet werden. Für 3500 offene Fälle erfolge eine individuelle Einzelfallprüfung für den entsprechenden Tatvorwurf auf dem Sanktionsniveau vor dem 28. April.

Zu schnell gefahren: Wann ist der Führerschein weg?

In Norderstedt verschaffen sich die Mitarbeiter der Bußgeldstelle derzeit einen Überblick darüber, in welchem Umfang Fälle betroffen sind. Ende vergangener Woche hatte die Landesregierung den neuen Bußgeldkatalog nach Aufforderung des Bundes vorerst ausgesetzt. Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hält es für geboten, dass man sich bei der rechtlichen Überarbeitung des Bußgeldkatalogs "die Regelungen dann auch noch mal inhaltlich anschaut".

Hintergrund sind rechtliche Unsicherheiten, vor allem über eine Regelung: Demnach droht nun ein Monat Führerscheinentzug, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h zu schnell - zuvor galt dies bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 31 km/h im Ort und 41 km/h außerhalb.