Hamburg. Zuerst die Klima-, dann die Corona-Krise. Für die Grünen-Spitze ist Krise das Thema ihrer Sommertour. Im Jahr vor der Bundestagswahl geht es Annalena Baerbock und Robert Habeck darum, aus schwierigen Lagen die richtigen Schlüsse für die Vorsorge von morgen zu ziehen.

Die Frage nach der Krisenfestigkeit des Landes steht im Mittelpunkt der Sommertour der Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck. Bei ihrer mehrwöchigen Tour durch Deutschland gehe es Lehren aus der Bekämpfung der Corona-Pandemie "und was folgt daraus an grundsätzlichen Leitlinien für die Politik der Zukunft", sagte Habeck am Donnerstag beim Start der Tour in Hamburg. Weitere Stationen sind unter anderem Köln, Frankfurt, Ludwigshafen, Freiburg, Dresden und Hannover. Dabei sollen Unternehmen und Organisationen besucht werden, die beim Schutz der Gesellschaft eine Schlüsselrolle innehaben.

Schon vor dem Ausbruch der Pandemie sei die Gesellschaft krisenanfällig gewesen, sagte Habeck. "Eine gute, in sich ruhende, stabile, Vertrauen gebende Normalität" habe es nicht gegeben. Deshalb sei "ein Zurück zur alten Normalität nicht die richtige Grundlage".

Baerbock sieht eine zunehmende Intensität der Krisenlagen. "Ob es Terror ist, ob es die Klimakrise ist, ob es andere Umweltkrisen sind - die Wucht der Krisen nimmt zu", sagte sie. Darauf müsse man vorbereitet sein. Deshalb wollten sie auf ihrer Tour "die Orte der Verwundbarkeit besuchen".

Es gehe ihnen nicht darum, Angst vor der nächste Krise zu schüren, sagte Baerbock, "sondern deutlich zu machen, wenn wir vorsorgende Politik machen, kann das auch eine Riesenchance sein". Dies zeige auch der Startpunkt ihrer Sommertour, der Energiebunker in Hamburg-Wilhelmsburg - ein ehemaliger Flakbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der als lokales Kraftwerk heute erneuerbare Energie produziert. "Das ein nicht nur trostloser Ort, sondern ein Ort der Zerstörung plötzlich zu einem Identitätskern von morgen werden kann, macht dieser Energiebunker deutlich", sagte sie.

Zweite Station in der Hansestadt war das Klärwerk Hamburg, in dem aus Faulgasen und der Verbrennung von Klärschlamm Strom und Wärme produziert wird.

Ein moderner Sicherheitsbegriff beschränke sich nicht auf "Polizei, Zoll und Militär", sondern hänge auch "mit einer starken öffentlichen Daseinsvorsorge zusammen", sagte Baerbock. Der Begriff "Systemrelevanz" müsse aufgrund der Frage "was hält die Gesellschaft am Laufen?" neu definiert werden.

Die Sommertour steht unter dem Motto "Zu achten und zu schützen". Der dem Artikel 1 des Grundgesetzes entliehene Text dient auch dem Entwurf eines neuen Grundsatzprogramms als Überschrift, das ein Parteitag im November beschließen soll und mit dem die Grünen abseits des alten Öko-Images den bisherigen Volksparteien Paroli bieten wollen.

"In gewissem Sinne reisen wir dem Grundsatzprogramm hinterher", sagte Habeck. Es gehe nicht mehr, den Status quo linear fortzusetzen. Dies werde durch die Krise deutlich. "Jeder kann spüren, dass der Boden schwankt. Und wir wollen die Antworten finden. Und diese Antworten sind nicht - und das ist der Unterschied zu unserem politischen Mitbewerbern - die Antworten, die uns in diese Krise hineingeführt haben."