Frankfurt/Main. Hat der frühere Vorzeige-Unternehmer und einstige Star der New Economy, Alexander Falk, eine Attacke auf einen Anwalt in Auftrag gegeben? Der Frankfurter Prozess um die Frage dauert schon fast ein Jahr. Nun steht die Entscheidung der Richter bevor.

Mehr als zehn Jahre nach einem Angriff auf einen Anwalt in Frankfurt wird in dem Fall das Urteil erwartet. Angeklagt ist der Hamburger Unternehmer Alexander Falk, der Erbe des bekannten Stadtplan-Verlags und zeitweise einer der hundert reichsten Deutschen. Das Frankfurter Landgericht will seine Entscheidung an diesem Donnerstag bekanntgeben (12 Uhr). Der Jurist war im Februar 2010 mit einem Schuss in den Oberschenkel schwer verletzt worden.

Die Staatsanwaltschaft forderte am Dienstag sechs Jahre Haft für Falk wegen Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung. Das Motiv sieht die Anklage in einem anderen Verfahren, bei dem es vor dem Hamburger Landgericht um manipulierte Umsätze beim Verkauf von Falks Firma Ision an ein britisches Telekommunikationsunternehmen im Jahr 2000 ging. Der angeschossene Anwalt bereitete eine Millionenklage gegen den heute 50-Jährigen vor.

Staatsanwältin Nicole Metcalf sagte, das Verfahren habe gezeigt, dass bei Falk kriminelle Energie und Rechtsfeindlichkeit vorlägen. Er habe den Auftrag zu dem Angriff erteilt, der als Angriff auf den Rechtsstaat zu werten sei. Rechtsanwälte habe er in Mails als "hintertriebene und unverschämte Saubande" und "aggressive Köter" bezeichnet. Eine Tonaufnahme nach der Tat zeige, dass er zufrieden und schadenfroh gewesen sei. Das Opfer bezeichne er darauf als "Bazille".

Dem Schuss voraus gegangen seien Einschüchterungsversuche und Bedrohungen, darunter ein Angriff mit einem Vorschlaghammer auf die Haustür des Juristen. Die Tat sei Falk von den beauftragten Tätern per SMS verschlüsselt angekündigt worden, hier sei die Rede von einem Kuraufenthalt gewesen, den die Oma nun erhalte.

Zugleich milderte die Staatsanwaltschaft ihren Vorwurf ab: Angeklagt worden war Falk noch wegen versuchter Anstiftung zu einem Tötungsdelikt, dies habe sich in dem Verfahren aber nicht erhärtet. Falk sitzt bereits seit 22 Monaten in Untersuchungshaft.

Zuvor hatte Falk erneut beteuert, mit dem Schuss nichts zu tun zu haben. Er räumte auch erneut ein, erfolglos einen Datendiebstahl bei dem Anwalt oder anderen Angehörigen seiner Kanzlei in Auftrag gegeben zu haben - um in dem Hamburger Verfahren seine Unschuld zu beweisen. Dazu seien auch Einbrüche geplant gewesen.

Die Verteidigung forderte Freispruch. Die Anklage beruhe auf Hypothesen, Spekulationen und Vorurteilen, sagte Rechtsanwalt Björn Gercke. Die Staatsanwaltschaft habe von ihrem Hauptbelastungszeugen ein "Aussagekonstrukt" völlig ungeprüft übernommen. Dabei sei dessen Schilderung, Falk habe am helllichten Tag in einem Hamburger Steakrestaurant in Anwesenheit von Unbekannten den Auftrag zu dem Angriff gegeben, unwahrscheinlich und unglaubwürdig.

Der Zeuge habe zudem für seine Aussage 100 000 Euro von den Arbeitgebern des Anwalts erhalten. Gercke sprach von einer noch nie dagewesenen "geldgetriebenen Falschaussage". Die Aufnahme, die Falks Schuld belegen solle, habe sich als geschnitten und damit manipuliert erwiesen. Falk sei damit erpresst worden.

Für die Ausführung des Anschlags verantwortlich sei ein Bruderpaar aus der Türkei, sagte Staatsanwältin Metcalf. Das Gericht konnte die Männer eigenen Angaben zufolge nicht zur Vernehmung nach Deutschland holen, weil ihr genauer Aufenthaltsort nicht bekannt sei.

Dass das türkische Bruderpaar für die Tat verantwortlich ist, halte auch er für möglich, sagte Verteidiger Gercke. Vielleicht hätten sie seinen Mandanten damit erpressen wollen. Vielleicht seien von diesem beaufragte Täter im Zusammenhang mit dem Datendiebstahl - darunter maßgeblich der Belastungszeuge der Staatsanwaltschaft -, angesichts der Aussicht auf eine Belohnung in Millionenhöhe "aus dem Ruder gelaufen", sagte Gercke. Eine Anstiftung zu einer konkreten Straftat seines Mandanten sei hieraus aber nicht herzuleiten.