Kiel. Eine Staatsanwältin sitzt in Kiel seit Monaten auf der Anklagebank. Sie soll Tiere notveräußert haben, ohne die Besitzer anzuhören. Nun will das Gericht vor Plädoyers und Urteil noch einen Zeugen hören.

Im Prozess um Rechtsbeugung gegen eine Kieler Staatsanwältin verzögert sich das Urteil doch noch bis August. Das Kieler Landgericht lud zum 8. Juli noch einen Amtsrichter als Zeugen, teilte der Vorsitzende Stefan Worpenberg am Donnerstag mit. Zwei Tage später (10. Juli) soll dann das Team der Itzehoer Staatsanwaltschaft plädieren. Anfang August (3. August) wäre die Verteidigung am Zug, bevor die Angeklagte Gelegenheit zu einem Schlusswort hätte. Einen Termin für das Urteil wird die Strafkammer danach festsetzen.

Die angeklagte promovierte Juristin verwies auch am 40. Verhandlungstag auf Erinnerungslücken, Überforderung und Unsicherheit. "Es war teilweise chaotisch", sagte sie auf Fragen des Gerichts zu einzelnen Fällen. Sie habe Schriftsätze oft nur überflogen. "Das war sicher manchmal zu oberflächlich", räumte sie ein. "Ich weiß, es sieht hier nicht so aus, aber eigentlich wollte ich immer das Richtige tun."

Die Anklage wirft der Tierschutzdezernentin von 2011 bis 2014 zehn Fälle von Rechtsbeugung vor. Sie habe dabei "bewusst und in schwerwiegender Weise" die Rechte der Halter auf Widerspruch und gerichtliche Klärung ausgehebelt. Die Juristin bestreitet die Vorwürfe und beruft sich auf Fehler. Rechtsbeugung wird von einem mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Eine Strafrahmenverschiebung nach unten wäre möglich.

Der Kammervorsitzende wies darauf hin, dass für den Fall, dass nicht nachweisbar sei, dass die Angeklagte die Notveräußerungen vorsätzlich missbräuchlich anwendete, um an den Besitzern vorbei vollendete Tatsachen zu schaffen, auch die vorsätzlich unterlassene Mitteilung der Notveräußerung an die Betroffenen für eine Verurteilung in Betracht komme. Die Itzehoer Staatsanwaltschaft hat beides angeklagt. Bislang wurden seit Prozessbeginn im Oktober über 70 Zeugen gehört.