Eckernförde. Aus für das deutsche Werk von Sig Sauer in Eckernförde. Ende des Jahres wird dort die Produktion eingestellt. Betroffen sind knapp 130 Beschäftigte.

Der Waffenhersteller Sig Sauer will ab dem kommenden Jahr seine Produktion in Deutschland einstellen. Zum Jahreswende soll der Standort im schleswig-holsteinischen Eckernförde schließen, wie der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag aus der Unternehmensführung bestätigt wurde. Demnach verlieren knapp 130 Beschäftigte ihren Job.

Die hiesigen Standortnachteile erlaubten für die Zukunft keine wirtschaftliche Produktion von Sport- und Behördenwaffen, teilte das Unternehmen mit. Betriebsrat und Belegschaft seien über die wirtschaftliche Situation bereits informiert worden. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Das Unternehmen verwies in einer Pressemitteilung darauf, dass die deutsche Gesetzgebung die Nutzung von Sportwaffen immer mehr einschränke. "Bei der Vergabe von Behördenaufträgen werden sowohl von der deutschen Polizei als auch von der Bundeswehr einige wenige lokale Produzenten bevorzugt." Sig Sauer werde wegen der internationalen Ausrichtung des Unternehmens von den Ausschreibungen systematisch ausgeschlossen. Die meisten Entwicklungen der Firma stammten aus den USA.

Sig Sauer hatte das Behördengeschäft mit den Polizeikräften der Bundesländer in den vergangenen Jahren kräftig ausgebaut. Allerdings kam das Unternehmen bei den Bemühungen um einen Großauftrag der Bundeswehr nicht voran. Sig Sauer hatte sich unter öffentlichem Protest aus der Ausschreibung zurückgezogen und eine Ungleichbehandlung beklagt, bei der es auch um beschränkten Zugang zu Testmunition ging. Im Ergebnis habe der Bieter Heckler & Koch einen Vorteil, hatte Sig Sauer bemängelt.

In der Branche wird nun erwartet, dass Teile der Waffenherstellung aus Eckernförde von einem anderen Hersteller der L&O Holding übernommen werden. Andere Bereiche der Waffenproduktionen würden dann aus den USA (Sig Sauer USA) geliefert.

Laut Unternehmensangaben haben die Gesellschafter in den vergangenen Jahren große finanzielle Beiträge zur Stabilisierung des Unternehmens geleistet. Es seien auch drastische Sparmaßnahmen erfolgt, um die Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. "Zu den vorhandenen Problemen kommen die aktuellen Auswirkungen der Coronakrise, die eine Fortführung des Geschäftsbetriebs in Eckernförde wirtschaftlich zusätzlich erheblich belasten."

Seit dem Jahr 2000 gehört nach Firmenangaben die Sig Sauer GmbH & Co. KG in Eckernförde zur L&O Holding in Emsdetten (Nordrhein-Westfalen), zu der zudem die US-Schwester Sig Sauer Inc. in Newington (US-Bundesstaat New Hampshire) und die schweizerische Swiss Arms in Neuhausen gehören. Die Eckernförder machten nach Unternehmensangaben in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 25 Millionen und 30 Millionen Euro Umsatz.

Schleswig-Holsteins Landesregierung sei von der angekündigten Schließung des Standorts in Eckernförde "kalt erwischt worden", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Thilo Rohlfs. "Das ist eine ganz bittere Nachricht für die Region, aber auch für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein insgesamt." Das Unternehmen habe zugesagt, sozialverträgliche Lösungen finden zu wollen.

Erst im Februar hatte die amtliche Beschussstelle für Waffen und Böller in Eckernförde nach einer Modernisierung wieder ihren Betrieb aufgenommen. Das Land investierte dafür 400 000 Euro, auch um ein klares Signal in Richtung Sig Sauer zu setzen, sagte Rohlfs. Noch sei unklar, ob der Fortbestand der Einrichtung Sinn ergebe. Eckernfördes Bürgermeister Jörg Sibbel sprach von einem "schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort Eckernförde".

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt seit April gegen bislang namentlich unbekannte Verantwortliche des Waffenherstellers wegen Vorwürfen illegaler Rüstungsexporte. Nach Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) soll Sig Sauer USA neben Kolumbien auch Mexiko mit Pistolen ohne Rüstungsexportgenehmigung der Bundesregierung beliefert haben.

2019 waren drei Ex-Manager von Sig Sauer vom Landgericht Kiel wegen illegaler Waffenlieferungen nach Kolumbien zu Bewährungsstrafen und Geldstrafen verurteilt wurden. Laut Kieler Staatsanwaltschaft sind diese Urteile rechtskräftig. Zur Revision beim Bundesgerichtshof sei noch anhängig die Einziehung von 11,1 Millionen Euro - das war nach Auffassung des Landgerichts der Gewinn aus dem illegalen Waffengeschäft nach Kolumbien.