Hamburg. Es gibt unangenehmere Aufgaben, als 40 Frauen aus Führungspositionen zu interviewen und fotografisch stilvoll ins Bild zu setzen. Das dachten sich auch zwei Profis aus Hamburg. Mit vereinten Kräften schritten sie zur Tat.
Harald Fortmann, Inhaber einer renommierten Personalberatung in der Innenstadt, entwickelte die Idee eines besonderen Bildbands. Günstig, dass sein Hausnachbar in Nienstedten, Frank Wartenberg, einer der namhaftesten Berufsfotografen Hamburgs ist. Hand in Hand entstand ein Buch, das es in dieser Art noch nicht gibt.
Erfolgreiche Frauen schildern Werdegang und geben Tipps
Frauen, die es beruflich geschafft haben, schildern ihren Werdegang in der digitalen Wirtschaft und geben praktische Ratschläge für Perspektiven im Job. Credo: Es geht nicht ums Geschlecht, sondern um Talent und Durchblick. Um diesem Ansatz auf den Grund zu gehen, setzen wir uns zum Hintergrundgespräch an einen Tisch – in Lühmanns Teestube an der Blankeneser Landstraße.
Das Foto entstand unmittelbar vor der Corona-Zeit. Thema ist zudem die Verwurzelung des Herausgebers und des Fotografen in der Hansestadt.
"Viel zu wenige Frauen in Führungspositionen“
Aus Eppendorf ist Marianne Bullwinkel gekommen, eine der im Buch vorgestellten Persönlichkeiten. Die gelernte Werbekauffrau aus Wuppertal wirkte in leitenden Funktionen beim Handelsblatt, bei Facebook und Snapchat, bevor sie zum Unternehmen RMS wechselte, Deutschlands größter Vermarktungsgruppe für Radiowerbung. In Winterhude ist Frau Bullwinkel Chefin von 170 Mitarbeitern. „Es gibt viel zu wenige Frauen in Führungspositionen“, sagt sie.
Die Aufmerksamkeit für weibliche Ausnahmekarrieren könne diesen Malus nicht übertünchen: „Real bewegen wir uns nur millimeterweise.“ Das Buch mit dem zur internationalen Welt der Digitalwirtschaft passenden Titel „#Female LeadershipPictured“, was sinngemäß so etwas wie „weibliche Führung in bebildeter Form“ heißt, sei „ein Baustein, um Bewusstsein zu schaffen“.
Fortmann: Bildband entstand aus Idealismus
Die Idee keimte 2018 auf der Digital-Messe DMEXCO in Köln, Europas Nummer eins auf diesem Gebiet. Im Jahr darauf wurden dort geeignete Ansprechpartnerinnen gesucht – und gefunden. Unter dem Strich spiegelt der nicht nur wegen seiner 1,3 Kilogramm gewichtige und 282 Seiten umfassende Bildband 40 berufliche Lebenswege erfolgreicher Frauen wider.
Das Werk ist im Eigenverlag erschienen, kostet 39,90 Euro, ist in der Buchhandlung Nienstedten vorrätig und kann ansonsten überall bestellt werden. „Es entstand aus Idealismus“, versichert Harald Fortmann. Fundament seien Herzblut und ein gutes Netzwerk gewesen.
Der Initiator und Herausgeber, ein gelernter Bankkaufmann, wuchs in Frankreich und Deutschland auf. Nach 18 Jahren im operativen Digitalgeschäft wechselte er vor sieben Jahren in die Personalberatung und gründete 2018 in diesem Bereich seine eigene Firma „five 14“.
Der 49-Jährige ist ausgeschlafen, in jeder Beziehung. Um 5.14 Uhr klingelt der Wecker – daher der Firmenname. Seit 15 Jahren lebt Harald Fortmann, der Autor weiterer Bücher ist, mit Ehefrau und zwei Kindern in Nienstedten. Sohn Hugo (8) besucht die Grundschule am Schulkamp; Tochter Lara (15) lernt am Gymnasium in Blankenese.
Frauen werden ungekünstelt in Szene gesetzt
Ein Gespräch zwischen Vater und Tochter Fortmann würzt das abwechslungsreiche, opulent gestaltete Buch. Dieses wurde mittlerweile mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem anerkannten „iF Design Award“. Anlass sind Gestaltung, Layout sowie die fantasievolle Bildsprache.
Dem Fotografen Frank Wartenberg, seit mehr als einem Vierteljahrhundert Nienstedtener, ist das Kunststück geglückt, mehr als drei Dutzend interviewte Frauen ungekünstelt in Szene zu setzen – einfach normal, mit Charakter. Er stellt die weibliche Führungsetage der digitalen Wirtschaft menschlich dar.
Wartenberg fotografierte mehr als 50 Titel für den „Stern“
Der Hanseat Wartenberg wohnte früher mit seiner Frau gut sechs Jahre in New York. Mehr als 50 Titelfotos des Magazins „Stern“ stammen von ihm. Beispielsweise. Er fotografierte Prominenz wie Steffi Graf, Ursula von der Leyen und Elyas M’Barek, hatte Schauspieler, Künstler und Models aus aller Welt vor der Kamera. Privat schätzt er das bodenständige Leben.
Elternabende in der Schule seiner Tochter und Spaziergänge mit dem Golden Retriever der Familie bescheren Klönschnacks sowie gut nachbarschaftliche Kontakte. Fortmann wie Wartenberg betonen unisono ihren Spaß an der Entstehung und der sehr praktischen Umsetzung des Buches. Zumal der Inhalt Sinn macht. „Nur wenn wir Frauen viele Stimmen haben, zahlreiche Initiativen in Unternehmen und Politik, werden wir die Gesellschaft bewegen“, schreibt Melania van Hümmel.
Die Betriebswirtin und zweifache Mutter arbeitet als Vertriebsleiterin bei Google in Hamburg. Andrea Buzzi, Gründerin und Geschäftsführerin der Hamburger PR-Agentur „Frau Wenk“, Spezialistin für Internettechnologien, meint: „Es geht ja nicht um eine Gleichmachung der Geschlechter, im Gegenteil.“
Hamburger stößt mit Bildband Diskussionen an
In der gemütlichen Teestube bei Lühmann in Blankenese nickt Marianne Bullwinkel zustimmend. Über ihre Stärke als Frau sagt die 52-Jährige: „Ich habe keine besondere Zauberkraft, aber andere Talente.“
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Diese Sprache verstehen die Männer am Tisch bestens. Mit seinem Buch hat Fortmann Diskussionen angestoßen. Das Echo, sagt er, mache Mut: „Es ist ein Ruck in Deutschland zu spüren.“ Schön, wenn es stimmt. Auf jeden Fall wurde etwas in Bewegung gesetzt.
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