Hamburg. In der fünften Runde der Hamburger Koalitionsverhandlungen steht die Justiz im Mittelpunkt. Überwiegend besteht Einigkeit zwischen SPD und Grünen. Doch mit einigen Forderungen können sich die Grünen nicht durchsetzen.

Die Justiz als attraktive Arbeitgeberin, "Containern" entkriminalisieren und eine Sonderabteilung für Hasskriminalität: Bei ihren Koalitionsverhandlungen haben SPD und Grüne in Hamburg Einigungen in vielen Punkten erzielt. Einen unabhängigen Polizeibeauftragten - wie von den Grünen gefordert - wird es aber nicht geben. "Wir haben uns darauf verständigt, dass die ja bereits jetzt allen Bürgerinnen und Bürgern offen stehende Beschwerdestelle der Polizei zu einem Qualitätssicherungsinstrument, das unmittelbar beim Polizeipräsidenten angebunden ist, weiterentwickelt wird", sagte Innensenator Andy Grote (SPD) am Donnerstagabend nach der fünften Verhandlungsrunde im Rathaus.

Beschwerden müssten vertraulich und weisungsunabhängig verfolgt werden. Systematisch sollten mögliche Probleme in einem Jahresbericht zusammengefasst und der Bürgerschaft zugänglich gemacht werden. "Ich halte das für einen guten Mechanismus für eine moderne Polizei", erklärte Grote. Justizsenator Till Steffen (Grüne) betonte, das sei in der Tat etwas anderes als die Grünen in ihrem Regierungsprogramm stehen hätten. "Aber es ist ein guter Schritt. Wir hoffen, dass das Instrument angenommen wird von Bürgerinnen und Bürgern, die Anlass haben, sich zu beschweren."

Eine Einigung wurde beim sogenannten Containern erzielt. "Wir wollen uns dafür einsetzen, dass das Containern nicht mehr kriminalisiert wird", erklärte Steffen. Mit diesem Begriff ist das Entwenden von in der Regel abgelaufenen, aber oft noch verwendbaren Lebensmitteln aus Containern vor Supermärkten gemeint. Das "Containern" kann bisher als Diebstahl oder Hausfriedensbruch strafrechtlich geahndet werden.

Auch die Informationen über die Abbrüche von Schwangerschaften sollten straffrei gestellt werden, meinte Steffen. Keine Änderung wird es nach Angaben von Grote beim Thema Schwarzfahren geben. "An dieser Stelle haben wir uns nicht verabredet, in irgendeiner Form aktiv zu werden", berichtete Senator Grote. Auch bei diesem Punkt hatten die Grünen dafür plädiert, eine Entkriminalisierung auf Bundesebene zu verfolgen. Die Verfolgung von Cannabis-Konsum soll erst bei den Beratungen im Ressort Gesundheit diskutiert werden.

Weiteres gemeinsames Ziel: Die Staatsanwaltschaft soll im Kampf gegen Hass- und Computerkriminalität schlagkräftiger gemacht werden. "Bisher ist es so, dass häufig auf Hessen und NRW verwiesen wird, die seien vorne in diesem Bereich", sagte Steffen. "Da wollen wir zur Spitzengruppe aufschließen." Für Hassdelikte solle bei der Staatsanwaltschaft eine Sonderabteilung eingerichtet werden.

"Wir haben in den vergangenen Jahren zusammen in unserer Koalition aus SPD und Grünen den Rechtsstaat massiv gestärkt", meinte Steffen rückblickend. "Diesen Weg wollen wir gerne fortsetzen." Man werde dafür sorgen, dass die Justiz in Hamburg ausreichend personell ausgestattet sei. "Die Justiz soll gestärkt werden als attraktive Arbeitgeberin."

Beide Parteien wollen die Regierungsbildung noch vor der Sommerpause der Bürgerschaft abschließen. SPD und Grüne bilden in der Hansestadt seit 2015 eine Koalition. Bei der Bürgerschaftswahl im Februar war die SPD trotz Verlusten mit 39,2 Prozent erneut stärkste Kraft geworden. Die Grünen konnten mit 24,2 Prozent ihr Ergebnis von 2015 fast verdoppeln.

Bereits am Freitag geht es bei den Verhandlungen in die sechste Runde. Diskutiert wird über Wirtschaft, Medien und Wissenschaft.