Hamburg. Die Polizei in Schleswig-Holstein verzichtet auf weitere Kontrollen von Fußgängern und Radfahrern an der Grenze zu Hamburg. Weitere Lockerungen der Corona-Auflagen gibt es aber nicht. In Hamburg gelten sie bis mindestens 19. April, betont Bürgermeister Tschentscher.

Fußgänger und Radfahrer müssen an der Grenze zu Schleswig-Holstein keine Polizeikontrollen mehr wegen des Einreiseverbots im Zuge der Corona-Pandemie fürchten. Es gebe die Zusicherung aus Kiel, "dass diese Kontrollen (...) nicht weiter erfolgen sollen", sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag. Er sei sich mit dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) einig, dass es nicht sinnvoll sei, Menschen zu überprüfen, die sich im Nahbereich ihres Wohnorts an der Landesgrenze bewegten. Ziel bleibe aber, touristische Ausflüge vor allem an Nord- und Ostsee zu unterbinden.

Polizisten hatten am Wochenende etliche Fahrzeuge kontrolliert und Ausflügler aus Hamburg wieder heimgeschickt. Im Norden gilt wegen der Pandemie ein Einreiseverbot für Touristen. "Autos, Motorräder - die dürfen im Moment nicht nach Schleswig-Holstein fahren", sagte Günther in einem Online-Talk des "Flensburger Tageblatts". "Da sind die Regeln klar." Polizisten würden dies auch am Osterwochenende kontrollieren. Es gehe auch nicht, dass Radsport-Clubs mit 30 oder 40 Radfahrern nach Schleswig-Holstein kommen. "Das ist sogar in Hamburg verboten." Die jüngsten Kontrollen von Fußgängern und Radlern nannte Günther Einzelfälle. Das sei aber nun geklärt.

"Wir wollen Infektionsketten unterbrechen, Infektionsrisiken vermeiden", betonte Tschentscher. Entsprechend sei auch vor dem 19. April nicht an eine Lockerung der Auflagen zu denken. Es sei auch zu früh, ein Datum zu nennen. "Aber seien Sie sicher, dass alle Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin natürlich, sobald es vertretbar ist, (...) sehr wohl, sehr gerne Lockerungen der Maßnahmen vornehmen würden." Tschentscher warnte, eine zu frühe Lockerung könnte zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen. "Wir dürfen jetzt nicht aus einem Bauchgefühl und aus Ungeduld heraus falsche Entscheidungen treffen."

Die Zahl der an einer Covid-19-Infektion gestorbenen Hamburger ist unterdessen seit Montag um sieben auf 25 gestiegen. Die Zahl der an Covid-19 erkrankten Hamburger kletterte um 129 auf 3217, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. In Anlehnung an die Berechnung des Robert Koch-Instituts (RKI) schätzt Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks die Zahl derjenigen, die die Erkrankung bereits überstanden und eine Immunität entwickelt haben, auf etwa 1790. Am Tag zuvor seien es unter den positiv Getesteten etwa 1640 gewesen. Insgesamt befänden sich nun 244 Covid-19-Kranke in einer Klinik. Auf einer Intensivstation liegen demnach 70 Corona-Patienten. Am Vortag waren 220 Kranke in einer Klinik, 65 auf einer Intensivstation.

Nach Angaben des Hamburger Rechtsmediziners Klaus Püschel ist in der Hansestadt bislang kein einziger nicht vorerkrankter Mensch an dem Virus gestorben. "Alle, die wir bisher untersucht haben, hatten Krebs, eine chronische Lungenerkrankung, waren starke Raucher oder schwer fettleibig, litten an Diabetes oder hatten eine Herz-Kreislauf-Erkrankung", sagte Püschel der "Hamburger Morgenpost". Insgesamt stehe die Gefahr des Virus in keinem Verhältnis zu seinem Einfluss auf die Bevölkerung. "Ich bin überzeugt, dass sich die Corona-Sterblichkeit nicht mal als Peak in der Jahressterblichkeit bemerkbar machen wird." Es gebe keinen Grund für Todesangst im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Krankheit in der Region Hamburg.

Um herauszufinden, wer möglicherweise unbemerkt eine Corona-Infektion schon überstanden hat, "haben wir jetzt eine Reihenuntersuchung beim UKE in Auftrag gegeben", sagte Prüfer-Storcks. Dabei werden Blutproben von Blutspendern mit Antikörpertests untersucht. Dann werde aus der Stichprobe hochgerechnet, "wie viel Prozent der Bevölkerung wohl schon Immunität erlangt haben". Gearbeitet werde in den nächsten Wochen mit aktuellen Blutproben und Rückstellproben aus dem Jahr 2017, sagte Prüfer-Storcks.

Innensenator Andy Grote (SPD) sagte, dass es in der Hansestadt wegen der Missachtung von Auflagen täglich zwischen 300 und 500 Ordnungswidrigkeitsverfahren gebe. Dabei handele es sich überwiegend um Verstöße gegen das Abstandsgebot. Angesichts des sonnigen Wetters habe sich am Vortag gezeigt, dass sich Menschen uneinsichtiger gegenüber den angeordneten Maßnahmen gezeigt hätten. "Das werden wir im Auge behalten", sagte Grote. Er verwies darauf, dass es draußen keine Sitzzeitbeschränkung gebe.

Die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft legte unterdessen einen 37-Punkte-Plan zur Bewältigung der Krise vor. Sie "zeigt mit ihrem Maßnahmenpaket, dass sie sachorientierte und konstruktive Lösungen zur Bewältigung der Corona-Krise anbietet - im Gesundheitsbereich ebenso wie für die Bereiche Haushalt, Wirtschaft und Soziales", sagte Fraktionschef Alexander Wolf. Unter anderem soll der Senat beim Bund für eine Einschränkung des Asylrechts werben. So sollen Flüchtlinge während der Krise an der Grenze zurückgewiesen und Migranten nicht aufgenommen werden.

Kultureinrichtungen können ab sofort auf der Seite der Investitions- und Förderbank IFB Förderkredite beantragen, mit denen neben Investitionen nun auch betriebliche Einbußen ausgeglichen werden können, teilten Kultur- und Finanzbehörde mit. Die Kredite werden nur an coronageschädigte Betriebe zu besonders günstigen Konditionen und mit vereinfachtem Zugang vergeben. Damit stellt die IFB insgesamt Garantien für Kreditmittel von 400 Millionen Euro für Hamburger Unternehmen zur Verfügung: 300 Millionen für alle Branchen, 50 Millionen Euro für die Kultur und 50 Millionen Euro für den Sport.

An nicht rückzahlbaren Zuschüssen für Soloselbstständige und Kleinunternehmen mit Liquiditätsproblemen hat die Stadt nunmehr 215,6 Millionen Euro ausgezahlt, teilte die Wirtschaftsbehörde mit. Damit seien gut 21 700 Anträge erledigt. Bis zum Osterwochenende sollen alle vorliegenden 35 000 Anträge abgearbeitet sein.

Prominente tun sich derweil mit Hilfsaktionen und Tipps hervor. So hat der Wahlhamburger und Modedesigner Guido Maria Kretschmer (54) eine Anleitung zum Nähen von Mund- und Nasenmasken veröffentlicht. Schutzmaske dürfe man das ja nicht mehr nennen, sagte er. Aber es sei "eine Maske, die euch helfen wird, diese schwierige Zeit gesünder zu überstehen und auch andere zu schützen", sagte er in einem Video auf Instagram.

Starköchin Cornelia Poletto wiederum will einmal pro Woche Senioren mit kostenlosem Essen beliefern. Den Anfang machte sie in zwei Service-Wohnanlagen der Arbeiterwohlfahrt. "Heute gab es Hühnerfrikassee mit Spargel, Erbsen und Reis. Ich liebe alles rund ums Huhn, und wenn wir heute etwas ältere Herrschaften bedienen dürfen, dann soll es auch etwas sein, das für jeden auch gut essbar ist", sagte die 48-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg.