Hamburg. Hamburgs Bürger halten sich weitgehend an die Corona-Auflagen - während Bürgermeister Tschentscher auch in der vierten Woche der Einschränkungen keine Hoffnung auf ein Ende macht. Leichte Kabbeleien gibt es wegen der Polizeikontrollen beim Nachbarn Schleswig-Holstein.

Hamburgs Bürger sind in die vierte Woche mit zahlreichen Auflagen wegen der Corona-Pandemie gegangen - und ein Ende ist nicht in Sicht. "Wir sind als Länder mit der Bundesregierung einig, dass wir die Kontaktbeschränkungen beibehalten müssen und deshalb keine falschen Signale senden dürfen", sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). Derzeit sei die Dynamik des Infektionsgeschehens noch zu hoch und bevor nicht sicher sei, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet werde, "dürfen wir keine Maßnahmen lockern und auch nicht die Disziplin verlieren".

Am Wochenende hatten die meisten Menschen trotz des Frühlingswetters die Regeln eingehalten. Viele Hamburger wollten jedoch Ausflüge ins Umland unternehmen, die derzeit nicht erlaubt sind. Einige Autofahrer und Radfahrer wurden an den Landesgrenzen zu Schleswig-Holstein von der Polizei wieder nach Hause geschickt.

Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Kinder von getrennt lebenden Eltern ihre Väter oder Mütter trotz der Auflagen jederzeit besuchen dürfen. Das gelte umgekehrt auch für die Eltern selbst. "Eine Beschränkung des Umgangsrechtes wäre unzulässig. Auch über Bundesländergrenzen hinweg muss deswegen klar sein, dass Einreisebeschränkungen in diesen Fällen nicht greifen." Kontaktbeschränkungen dürften nicht dazu führen, "dass Eltern-Kind-Beziehungen unterbrochen werden - auch wenn es gilt, Abstand zu halten und Kontakte zu reduzieren".

Auch aus Schleswig-Holstein kamen bereits mahnende Stimmen zu den Polizeikontrollen an den Landesgrenzen. "Der gegenseitige "kleine Grenzverkehr" zwischen den an Hamburg grenzenden Kreisen und der Hansestadt muss aber weiterhin problemlos möglich sein", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Kai Vogel. "Zudem wäre eine gemeinsame Presseerklärung der Ministerpräsidenten beider Länder ein wichtiges Zeichen des gegenseitigen Miteinanders und könnte vor dem vor uns liegenden Osterwochenende viele unnötige Konflikte vermeiden."

Unterdessen stieg die Zahl der an Covid-19 erkrankten Hamburger seit Sonntag um 69 auf 3088. Zudem sind drei weitere Menschen am neuartigen Coronavirus gestorben, wie die Gesundheitsbehörde am Montag mitteilte. Die Zahl der Toten in Hamburg hat sich damit nach Zählung der Gesundheitsbehörde auf 18 erhöht. Insgesamt befinden sich nun nach Angaben der Gesundheitsbehörde 220 Covid-19-Kranke in einem Krankenhaus in stationärer Behandlung. Auf einer Intensivstation liegen demnach 65 Corona-Patienten. Am Vortag waren 210 Covid-19-Kranke in einer Klinik, 54 auf einer Intensivstation.

In Hamburg-Bergedorf hat das erste Corona-Testzentrum für Autofahrer seinen regulären Betrieb aufgenommen. Der Arzt Gregor Brinckmann und etwa 40 Kollegen aus dem Stadtteil Bergedorf wollen dort Patienten unkompliziert auf den Erreger testen. Patienten mit einer Überweisung von einem der Hausärzte können zunächst werktags mit dem Auto vorbeikommen. In dem Testzentrum zum Durchfahren können sie dann weitgehend kontaktlos zu Ärzten und Helfern den Abstrich in Mund und Nase selbst übernehmen. Am Ende des Weges werfen sie ihr Tütchen mit dem Röhrchen in einen Behälter und der Abstrich geht ins Labor. Möglich sind etwa 100 Tests am Tag.

Hamburgs Schüler können sich jetzt erstmals schuleigene Computer ausleihen. Die Schulen verfügten über 50 000 Computer, darunter mindestens 10 000 Laptops oder Tablets, teilte die Schulbehörde mit. Zudem können Schulen Abiturienten und Schülern, die sich auf einen anderen Abschluss vorbereiten, im Einzelfall das Lernen in der Schule erlauben. Dies gelte für jene, die zuhause nicht die wohnlichen, sozialen, familiären oder pädagogischen Voraussetzungen hätten. Insgesamt werde es für Schulen und Schüler jedoch immer schwieriger. Aufgrund der Ferienlage müsse Hamburg bis zum 19. April nicht zwei oder drei, sondern fünf Wochen Unterricht zu Hause organisieren. Das sei mehr als in jedem anderen Bundesland.

Viele Künstler und Prominente haben das Charity-Livestream-Event von "Viva con Agua" unterstützt, um Menschen in Uganda mit Wasserfiltern zu helfen. Mehr als 51 000 Euro an Spenden kamen dabei zusammen, wie die Veranstalter mitteilten. Mit dem Geld sollen nun 2000 Wasserfilter zur Corona-Prävention in Uganda finanziert werden. Damit könnten 20 000 Menschen verschmutztes Wasser zu Trinkwasser aufbereiten und sich damit lange Wege zum Wasserholen sparen und so die Ausbreitung von Covid-19 einschränken. An dem Charity-Livestream-Event nahmen unter anderem Musiker wie Clueso, Bosse, der TV-Koch Nelson Müller, die Sängerin und Moderatorin Fernanda Brandao und der FC St. Pauli teil.

In Zeiten der Kontaktbeschränkungen ist Balkon-Musik eine willkommene Abwechslung. Noch dazu, wenn sie von einem Profi kommt: Geff Harrison singt und musiziert täglich um 17.30 Uhr auf der Terrasse seiner Hamburger Wohnung in der Gustav-Falke-Straße. Die Konzerte sprechen sich rum. "Am Anfang waren zehn bis 15 Leute da. Jetzt sind es 150 bis 200", sagte der 73 Jahre alte Engländer, dessen größte Hits "Death of a Clown" und eine Neuauflage des Barry-McGuire-Songs "Eve of Destruction" waren. "Natürlich achten alle darauf, dass sie den Mindestabstand zueinander einhalten. Gestern war die Polizei hier gucken und war zufrieden", berichtete Harrison am Montag.

Das Interreligiöse Forum Hamburg rief derweil alle Menschen zum Zusammenhalt auf. "Wir stehen zusammen, als Stadtgesellschaft und als Religionsgemeinschaften", sagte die Forumsvorsitzende und evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs. In der Videobotschaft wenden sich auch Vertreter der Jüdischen Gemeinde, der Islamischen Schura und der Buddhistischen Religionsgemeinschaften an die Hamburger.