Kiel/Schleswig. Die Corona-Krise macht auch den Gerichten zu schaffen: Es häufen sich Klagen gegen Schutzmaßnahmen. Die Zahl der Infektionen stieg zuletzt etwas weniger. Alarmiert zeigt sich der Kinderschutzbund.

Die Zahl der in Schleswig-Holstein gemeldeten Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus ist auf 1343 gestiegen. Wie die Landesregierung am Donnerstag mitteilte, wurden bis Mittwochabend 91 Fälle mehr erfasst als bis zum Vortag. Damit fiel die Zunahme um 26 Fälle geringer aus. Die Zahl der Todesfälle erhöhte sich nach einer weiteren Meldung aus Rendsburg-Eckernförde am Donnerstag auf 13.

182 Menschen sind oder waren seit Beginn der Epidemie in klinischer Behandlung, 18 mehr als nach der Zählung bis Dienstag. Derzeit werden 131 Corona-Patienten in Kliniken behandelt. Die regionalen Unterschiede sind sehr groß. Der Kreis Pinneberg am Hamburger Rand hatte nach den jüngsten Zahlen mit 245 die weitaus meisten Infektionsfälle. Es folgten Stormarn (142), Rendsburg- Eckernförde (137) und Kiel (136). Viel weniger Fälle verzeichneten Dithmarschen (29) sowie Nordfriesland und Ostholstein (je 43).

Unterdessen bewirken die Schutzmaßnahmen der Behörden gegen den Coronavirus zunehmend Klagen am Verwaltungsgericht. Die für das Gesundheitsrecht zuständige 1. Kammer arbeite seit bald zwei Wochen fast rund um die Uhr, um in Eilverfahren schnelle Entscheidungen zu treffen, hieß es am Donnerstag. Bis zum Vortag seien 27 Eilanträge eingegangen. Über 17 wurde bisher entschieden. Alle blieben erfolglos. Dem Oberverwaltungsgericht liegen erste Beschwerden vor.

Oft geht es um die untersagte Nutzung von Zweitwohnungen im Land aus touristischem Anlass oder zu Freizeitzwecken. Weitere Verfahren haben zum Beispiel mit der Anreise zu Arbeiten am eigenem Boot zu tun und mit dem Weiterbetrieb mobiler Verkaufsstände vor Supermärkten.

Das Sozialgericht verwies auf Prognosen des Bundes, mit der Corona- Krise könnten in Deutschland 1,3 Millionen Menschen mehr Anspruch auf Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben. Solche Fälle würden wegen der Dringlichkeit in der Regel zunächst in Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden. Mittelfristig könne es auch mehr Abrechnungskonflikte zwischen Kassen und Kliniken geben. Die Kosten für Corona-Tests übernähmen die Krankenkassen aber großzügig.

Laut Wirtschaftsministerium gingen bis Donnerstagmittag 41 475 Anträge von Kleinbetrieben auf staatliche Zuschüsse ein. 3075 Anträge seien bewilligt und 26,8 Millionen Euro zur Auszahlung angewiesen worden. Das Ministerium betonte, jetzt könnten Anträge nicht mehr per Mail bei der Investitionsbank eingereicht werden, sondern nur noch direkt über das neue Online-Formular (www.ib-sh.de/antragsupload).

Unter der Corona-Krise litten arme Kinder und Jugendliche besonders, erklärte der Kinderschutzbund. Schon vor der Krise habe jedes sechste Kind in Armut gelebt, in Städten wie Kiel und Lübeck jedes dritte. Mit der Schließung von Schulen und Kitas verschlechtere sich ihre Lage noch. "So fällt für Kinder aus einkommensschwachen Familien das beitragsfreie Mittagessen in Kita und Schule weg. Die Familien erhalten aber keine zusätzlichen Mittel, um das auszugleichen", sagte die Landesvorsitzende Irene Johns. Die Politik müsse für diese Familien kurzfristige Hilfen bereitstellen.

Die Barmer beobachtet einen Engpass beim Impfstoff gegen Pneumokokken. Dagegen hätten sich zuletzt viele Menschen impfen lassen, weil diese Bakterien eine schwere Lungenentzündung verursachen. "In der jetzigen Situation sollten zunächst die Personen gegen Pneumokokken geimpft werden, die besonders gefährdet sind", sagte Barmer-Landesgeschäftsführer Bernd Hillebrandt. Das betreffe Patienten mit Immunschwächen und chronischen Atemwegserkrankungen sowie Menschen ab 70 Jahren.