Kiel. In der Corona-Krise haben die ersten Kleinstunternehmer staatliche Hilfsgelder auf dem Konto. Trotzdem gibt es Kritik. Die jüngste Zunahme der Infektionsfälle ist im Norden eher moderat. Regierung und Finanzwirtschaft wollen an einem Strang ziehen.

Als Überlebenshilfen in der Corona-Krise sind an hunderte Kleinstunternehmer in Schleswig-Holstein erste Zuschüsse geflossen. "Bisher haben wir 700 Anträge beschieden", sagte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) am Montagvormittag. Mit Stand 10.00 Uhr seien insgesamt 6,7 Millionen Euro angewiesen worden. Im Laufe des Tages wurden es rund 7 Millionen. Bis Montag gingen etwa 30 0000 Anträge ein. "Es geht darum, schnell möglichst viele Anträge zu bearbeiten", sagte Buchholz. Das Land habe bereits am vergangenen Donnerstag die Formulare ins Internet gestellt.

Der Bund unterstützt kleine Firmen, Solo-Selbstständige, Freiberufler und Landwirte mit bis zu 50 Milliarden Euro. Schleswig-Holstein flankiert dies mit 100 Millionen Euro für Sonderfälle.

"Wir arbeiten massiv an der Umsetzung, um die entsprechende Liquidität im Markt zu haben", sagte Minister Buchholz. Bund und Länder wollen mit ihren Hilfen Liquiditätsengpässe bei kleinen Firmen überbrücken, die in der Regel keine Kredite erhalten und über keine Sicherheiten oder weitere Einnahmen verfügen. Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten bekommen eine Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15 000 Euro.

Die Zahl der in Schleswig-Holstein gemeldeten Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus stieg auf 1053. Laut Landesregierung wurden bis Sonntag damit 46 Fälle mehr erfasst als am Tag zuvor. Die Zunahme fiel schwächer aus als an Tagen zuvor - aber es kann Nachmeldungen geben. 128 Menschen im Land sind oder waren seit Beginn der Epidemie in klinischer Behandlung und damit 11 mehr als nach der Meldung vom Samstag. Bisher wurden 7 Todesfälle verzeichnet, die mit dem Virus im Zusammenhang stehen.

In Deutschland sind bis Montagnachmittag 61 296 Infektionen mit dem neuen Coronavirus registriert worden. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Besonders hohe Zahlen haben Bayern mit 14 437 nachgewiesenen Fällen und 133 Toten und Nordrhein-Westfalen mit mindestens 14 219 Fällen und 125 Toten. Gerechnet auf 100 000 Einwohner verzeichnet Hamburg mit einem Wert von 120,3 die meisten Infektionen. Im Bundesschnitt waren es 73,7. Mindestens 512 mit Sars-CoV-2 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang bundesweit gestorben.

Am Montag besprach Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) mit Spitzen der Finanzwirtschaft die Lage. Sparkassenverband, Bankenverband, Volks- und Raiffeisenbanken, Investitionsbank und Landesregierung stünden den Selbstständigen und den Unternehmen in dieser schwierigen Zeit zur Seite, hieß es auf der Homepage der Regierung in einer gemeinsamen Erklärung. "Sie sehen die Wirtschaft als Ganzes durch den Virus und die unvermeidbaren Schutzmaßnahmen in ihrer Substanz bedroht und werden daher der Wirtschaft jede mögliche Unterstützung zur Bereitstellung von Liquidität und zur Sicherung des Eigenkapitals zu Teil werden lassen."

Soforthilfen und Darlehensprogramme würden partnerschaftlich, schnell und unbürokratisch umgesetzt. "Nicht Gewinnstreben ist jetzt wichtig, sondern miteinander und füreinander da zu sein", äußerte Sparkassenverbandspräsident Reinhard Boll. Es gehe um zielgerichtete Wirtschaftsförderung in Krisenzeiten. Die privaten Banken täten alles, um ihren Kunden umgehend auf Basis der Hilfsprogramme Liquidität zur Verfügung zu stellen", versicherte Henning Oldenburg vom Bankenverband. Ähnlich äußerte sich Siegfried Mehring für die Volks- und Raiffeisenbanken. "Neben der Gesundheit steht für mich in dieser Krise der Erhalt der wirtschaftlichen Strukturen in Schleswig-Holstein im Kern meines Regierungshandels", erklärte Regierungschef Günther. Er vertraue darauf, dass alle Schleswig-Holsteiner Seite an Seite stehen - im privaten wie im geschäftlichen Umfeld.

"Angesichts der außergewöhnlichen Umstände, die der Ausbruch von COVID-19 herbeiführt, sind Unternehmen jeglicher Größe mit einem gravierenden Liquiditätsmangel konfrontiert", sagte Investitionsbank- Chef Erk Westermann-Lammers. Über sein Haus laufen die Hilfszahlungen von Bund und Land. Für die Antragsflut hat das Förderinstitut die Mitarbeiterzahl aufgestockt, Wochenend- und Schichtarbeit eingeführt und technische Kapazitäten erweitert. "Die Hilfen in der Corona-Krise sind so umfangreich, wie es unsere Bank noch nicht erlebt hat."

Als grundsätzlich schwierig bezeichnete das Gesundheitsministerium die Ausrüstung mit Schutzmaterial in Kliniken und Praxen. Das gelte besonders für persönliche Schutzausrüstung wie Masken und Kittel. Über die Bemühungen des Bundes hinaus baut das Land eine strategische Reserve für Notsituationen auf. Es stehen auch mehrere hundert pensionierte Ärzte bereit, in dieser Krisensituation zu helfen.

Wegen der Begrenzung von Zuschüssen für Kleinbetriebe auf solche mit maximal zehn Beschäftigten äußerten Wirtschaftsverbände Kritik. Die Unternehmensverbände von Ost- und Westküste forderten auch für Betriebe bis 50 Beschäftigten außer Darlehen ergänzende Hilfen, um Liquidität und Jobs zu sichern. In anderen Ländern sei das auch so. Die Landesregierung müsse hier dringend nachbessern, verlangte der Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Stefan Lange. Auch die IHK kritisierte die "Unterstützungslücke".

Minister Buchholz begründet das Vorgehen damit, es würden 88 Prozent aller Betriebe erreicht. Irgendwo müsse eine Grenze gezogen werden, da das Antragsvolumen auch gedeckt werden müsse. Zudem gebe es für Unternehmen mit über zehn Mitarbeitern gute Darlehensprogramme.