Kiel. “Dramatischer Notstand“: Laut Pflegekammer und Wohlfahrtsverbänden fehlt es “an allen Ecken und Enden“ an Schutzkleidung gegen das neuartige Coronavirus. Von weltweiten Lieferengpässen berichtet das Sozialministerium.

Auf einen "dramatischen Notstand" in den Einrichtungen der Langzeitpflege hat die Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein im Zusammenhang mit der Corona-Krise hingewiesen. "Es fehlt an allen Ecken und Enden an geeigneter Schutzausrüstung wie Mundschutz, Einmalhandschuhen und Desinfektionsmitteln, um sich selbst, aber auch die besonders gefährdeten älteren Menschen in der ambulanten und stationären Langzeitpflege vor einer Infektion zu schützen", hieß es einer Pressemitteilung vom Donnerstag.

Auch die Wohlfahrtsverbände wiesen in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die "Notlage bei Schutzausrüstung und Atemmasken" hin. "In zahlreichen stationären Einrichtungen der Altenpflege sowie Jugend- und Behindertenhilfe in Schleswig-Holstein sind die Reserven an Schutzmasken und -bekleidung nahezu aufgebraucht", hieß es in einer am Donnerstagabend verbreiteten Pressemitteilung des Landesverbandes. "Es besteht (...) ein absoluter Bedarf an Schutzmasken und -ausrüstung." Die Wohlfahrtsverbände und ihre Einrichtungen arbeiteten mit Hochdruck daran, zertifizierte Schutzausrüstung zu erwerben. "Der Markt hierfür ist allerdings nahezu leer gefegt."

Die Wohlfahrtsverbände appellierten an die Unternehmen in Schleswig-Holstein, die über Schutzkleidung und Atemmasken verfügen, einen Teil ihrer Bestände den Wohlfahrtsverbänden zur Verfügung zu stellen könnten.

"Die derzeitige Situation ist absolut paradox", sagte Pflegeberufekammer-Präsidentin Patricia Drube. "Alles bereitet sich auf die Versorgung von Intensivpatienten vor. Gleichzeitig können die Schutzmaßnahmen, die dazu beitragen, dass besonders gefährdete Menschen gar nicht erst zu Intensivpatienten werden, nicht gewährleistet werden." Besonders wichtig sei zudem, das Pflegepersonal zu schützen.

Das Robert Koch-Institut (RKI) empfehle, bei der Versorgung vulnerabler Patientengruppen im Rahmen einer Pandemie sei das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes durch das medizinische Personal aus Aspekten des Patientenschutzes angezeigt. "Dieser Schutz ist derzeit nicht gewährleistet, wie viele verzweifelte Mails und Anrufe von Pflegediensten und -einrichtungen bei der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein belegen", sagte Drube. "Das zur Verfügung stehende Schutzmaterial - insbesondere Schutzmasken und Desinfektionsmittel - muss jetzt dorthin, wo die gefährdeten Patientengruppen versorgt werden", fordert Drube.

Auch die Krankenhäuser klagen über Schwierigkeiten, Schutzmaterial zu bekommen. "Persönliche Schutzausrüstung, sogenannte PSA, sind überall Mangelware", sagte ein Sprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein mit Standorten in Kiel und Lübeck.

Bereits vor Drubes Kritik hatte das Sozialministerium in Kiel mitgeteilt: "Die Situation ist derzeit insgesamt und auch in Schleswig-Holstein aufgrund der weltweiten Lieferengpässe und Nachfrage schwierig." Die Beschaffung und Versorgung mit Schutzausrüstung/Schutzbekleidung werde von allen an der Gesundheitsversorgung Beteiligten organisiert. Dabei habe die Bundesregierung Unterstützung zugesagt und auch das Land sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen versuchten dabei zu unterstützen.