Hamburg. Erst sah es fast so aus, als würde Schleswig-Holstein die Abiturprüfungen dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie streichen. Nun finden die Prüfungen laut einem Beschluss der Kultusministerkonferenz bundesweit doch statt. Hamburgs Schulsenator Rabe ist froh darüber.

Ungeachtet der Corona-Krise werden die Schulabschlussprüfungen in Hamburg in diesem Jahr wie geplant stattfinden. "Unser Beschluss ist eindeutig: Die Prüfungen, insbesondere die schriftlichen Abiturprüfungen, finden zum geplanten Termin oder zu einem Nachholtermin bis Ende des Schuljahres statt, soweit dies aus Infektionsschutzgründen zulässig ist", sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Mittwoch nach einer Schaltkonferenz mit den Kultusministern der Länder.

Wie derzeit in Hessen könnten die Prüfungen auch dann stattfinden, wenn der offizielle Schulbetrieb ruht. "Eine Absage der Prüfungen zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht notwendig." Die ersten Abiprüfungen sollen in Hamburg Mitte April stattfinden.

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte am Dienstag zunächst eine Streichung der Abschlussprüfungen und die Vergabe einer Durchschnittsabiturnote angekündigt, den Vorstoß am Mittwoch aber wieder zurückgezogen. Rabe hatte die Pläne als unvernünftigen Alleingang kritisiert.

Mit dem Beschluss der Kultusminister hätten die Schüler jetzt größtmögliche Sicherheit, "soweit es die besondere Situation zulässt", sagte der Senator. "Diese klare Entscheidung liegt auch im Interesse der betroffenen Abiturienten. Es mag kurzfristig attraktiv scheinen, das Abiturzeugnis auch ohne Prüfungen zu bekommen. Langfristig bedeutet es aber für alle Schülerinnen und Schüler, dass sie jahrelang mit dem Makel leben, nur ein Abitur zweiter Klasse erreicht zu haben." Auch sei dessen vollumfängliche Anerkennung nicht zu garantieren.

Dennoch solle berücksichtigt werden, dass die Abiturprüfungen unter schwierigen Bedingungen stattfinden müssen. "So wollen wir viele Ausweich- und Nachschreibtermine anbieten, die den Schülerinnen und Schülern zusätzliche Möglichkeiten eröffnen", sagte Rabe. "Wir werden überdies mit den Lehrkräften vereinbaren, dass die übliche Vorbereitungszeit der Schülerinnen und Schüler für das Abitur verlängert und gut von den Lehrkräften begleitet wird." Die Pläne würden von seiner Behörde über das Wochenende erarbeitet und zu Wochenbeginn vorgestellt.

Zwei Hamburger Schüler hatten zuvor angesichts der Pandemie eine Petition zur bundesweiten Absage der Abiturprüfungen gestartet. Stattdessen soll in diesem Jahr jeder Schüler deutschlandweit ein sogenanntes Durchschnittsabitur erhalten, heißt es darin. Die beim Internetportal "change.org" veröffentlichte Petition haben bis Mittwochnachmittag gut 107 000 Unterstützer unterzeichnet.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion begrüßte die Entscheidung der Kultusminister. "In der wichtigen Frage der Abiturprüfungen ist ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen notwendig. Vorschnelle Vorstöße einzelner Bundesländer sind da nicht hilfreich", sagte die Bildungsexpertin Birgit Stöver.

Auch in Zeiten der Corona-Krise dürfe Schülern die Zukunft nicht verbaut werden, "indem kurzfristige Prüfungsabsagen zu langfristig kaum korrigierbaren Folgen führen", sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels. "Das Abitur muss in Deutschland vergleichbarer werden, statt in einzelnen Bundesländern quasi durch Notfallprüfungen entwertet zu werden."

Die Schulexpertin der Linksfraktion, Sabine Boeddinghaus, zeigte sich hingegen "sprachlos angesichts solch geballter Verantwortungslosigkeit" der Kultusminister. In einer der schwersten Krisen mit täglich neuen Infizierten und einer erwarteten Verschlimmerung der Lage blieben "die obersten Hüterinnen des deutschen Bildungsbürgertums beim "business as usual"", erklärte sie. "Ich bin mir sicher, dass sie diese Entscheidung nicht aufrecht erhalten werden können, weil die Gesundheit der jungen Menschen und ihrer Lehrkräfte erste Priorität haben muss."