Hamburg. Hamburg hat eine neue Bürgerschaft. Dreieinhalb Wochen nach der Wahl kommen die Abgeordneten zu ihrer ersten Sitzung im Rathaus zusammen. In Zeiten der Corona-Pandemie allerdings unter erschwerten Bedingungen.

Angesichts der Corona-Pandemie hat sich die neue Hamburgische Bürgerschaft dreieinhalb Wochen nach der Wahl mit Notbesetzung konstituiert. Um das Infektionsrisiko im Plenarsaal möglichst gering zu halten, nahmen nur rund 74 der 123 neu gewählten Abgeordneten am Mittwoch an der Sitzung teil. Zur Präsidentin wurde auf Vorschlag der SPD erneut Carola Veit gewählt. Die 46-Jährige, die dem Bürgerschaftspräsidium bereits in den vergangenen beiden Legislaturen vorstand, erhielt 68 Ja-Stimmen bei einer Nein-Stimme. Fünf Abgeordnete enthielten sich.

Die Bürgerschaft komme in ihrer 22. Legislatur in Zeiten einer "schweren Krise" zusammen, die andere wichtige Themen in den Hintergrund drängen, sagte Veit in ihrer Antrittsrede. "Die Situation unter der Corona-Pandemie ist ernst. Viele Menschen sind krank, etliche bereits gestorben. Und es ist ja keine Schwarzmalerei festzustellen, das geht noch lange weiter und das wird noch schlimmer."

Die Präsidentin rief dazu auf, sich auf die Behörden und die von ihnen zur Eindämmung der Pandemie ergriffenen Maßnahmen zu verlassen. "Lassen sie uns darauf vertrauen, dass alle, die jetzt Entscheidungen treffen, nur das Beste wollen." Es brauche Geschlossenheit und keine "Besserwissereien", sagte Veit. "Konstruktive Vorschläge ja, Genöle nein."

Alterspräsidentin Dagmar Wiedemann hatte die Sitzung eröffnet. Die 70 Jahre alte SPD-Politikerin appellierte an die Abgeordneten, den politischen Diskurs "hart, aber mit Respekt" zu führen. "Unterschiedliche Positionen sollen sichtbar werden." Über eine Sache müsse man sich aber einig sein: "Hamburg ist ein freiheitlicher, demokratischer und toleranter Rechtsstaat. Hier ist kein Platz für Rassismus, Ausgrenzung und Hass."

Die deutsche Vergangenheit habe auch jüngst gezeigt, dass bei demokratischen Wahlen nicht immer nur demokratische Abgeordnete gewählt würden, sagte Wiedemann. "Aber geben wir jedem und jeder Abgeordneten, die in diese Bürgerschaft gewählt wurde, die Chance, zu beweisen, dass sie es sind."

Seitens des Senats nahmen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) teil. Die nur knapp anderthalbstündige Notsitzung war nötig geworden, da sich die Bürgerschaft laut Landesverfassung binnen vier Wochen nach der Wahl vom 23. Februar konstituieren muss. Neben der Wahl der Präsidentin stand nur noch die Einsetzung von Kontrollgremien und Ausschüssen auf dem Programm.

Kurz vor der Sitzung waren die Fraktionen zu informellen Sitzungen zusammengetroffen, um ihre Vorstände neu zu bestimmen. Bei der CDU wurde der bisherige Vize Dennis Thering einstimmig zum neuen Fraktionschef gewählt. Die Rolle der CDU in der neuen Bürgerschaft, die bei der Wahl auf historisch schlechte 11,2 Prozent gekommen war, bezeichnete er als "Herkulesaufgabe". "Jedem CDU-Abgeordneten stehen fast sechs Abgeordnete von SPD und Grünen sowie Senatoren, Staatsräte und Behörden gegenüber."

Die CDU ist nur noch mit 15 Abgeordneten in der neuen Bürgerschaft vertreten. Die SPD stellt 54, die Grünen 33, die Linke 13 und die AfD 7 Abgeordnete. Die FDP war zwar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, ist aber mit der früheren Fraktionschefin Anna von Treuenfels, die ein Direktmandat erhielt, weiter im Stadtparlament vertreten.

Die Linksfraktion bestätigte zunächst ihre bisherigen Fraktionsvorsitzenden Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus bis zu Neuwahlen, "wenn die Lage entspannter ist", spätestens aber in sechs Monaten. Bei der AfD wurden Parteichef Dirk Nockemann und Alexander Wolf erneut als Doppel-Fraktionsspitze gewählt.

Auch bei SPD und Grünen werden die alten Fraktionschefs Dirk Kienscherf und Anjes Tjarks die Geschäfte zunächst weiterführen. Hier sollen die Koalitionsverhandlungen abgewartet werden, um sich daraus eventuell ergebende personelle Wechsel in den neuen Senat berücksichtigen zu können. Beide Parteien hatten sich darauf verständigt, den eigentlich schon für vergangenen Montag geplanten Start der Koalitionsverhandlungen wegen der Coronakrise um mindestens zwei Wochen zu verschieben.