Kiel. Mit deutlich weniger Sozialleben will Schleswig-Holstein die Ausbreitung des Coronavirus eindämmen. Die Schulen schließen, öffentliche Veranstaltung sind untersagt, in Restaurants gelten Mindestabstände. Zu ist auch die Grenze nach Dänemark.

Mit Einschränkungen des sozialen Lebens will Schleswig-Holstein die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus verlangsamen. Am Samstag beschloss die Landesregierung nach erneut mehrstündigen Beratungen in Kiel einen entsprechenden Erlass. "Wir werden diese Krise mit deutlichen Einschnitten für viele Menschen bestehen", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nach der Sondersitzung seines Kabinetts. Dafür seien aber klare Vorgaben und die Eigenverantwortung aller Bürger notwendig. "Zusammenhalt stärken, Abstand wahren - das ist meine herzliche Bitte an alle Menschen in Schleswig-Holstein."

Die Regierung will den Kliniken Zeit verschaffen, um sich auf schwere Erkrankungen vorzubereiten. Der Betrieb von Schulen, Kitas und Horten wird ab Montag ausgesetzt. In Kitas und Schulen im Land soll es eine beschränkte Alternativ-Betreuung der Kinder von Eltern geben, die in besonders kritischen Infrastrukturen arbeiten und keine andere Betreuung organisieren können. Von den Schließungen nicht betroffen ist die Kindertagespflege (bis fünf Kinder).

Für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und allen laut Robert-Koch-Institut besonders betroffenen Gebieten gelten Zutrittsverbote nicht mehr nur für Krankenhäuser oder Pflegeheime, sondern zu allen öffentlichen Einrichtungen. Für Rückkehrer aus allen alpinen Skigebieten empfiehlt die Regierung dies auch dringend. Generelle Betreungsverbote gelten für die meisten Menschen künftig auch für Werkstätten für Menschen mit Behinderungen - ausgenommen sind Personen, für die ein Besuch als tagesstrukturierende Maßnahme notwendig ist.

Alle öffentlichen Veranstaltungen werden bis 19. April untersagt, die Regierung empfiehlt darüber hinaus den Verzicht auf private Veranstaltungen. Von dem Verbot sind Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Kino und Museen, Fitnessstudios, Schwimmbäder, Saunen und Angebote der Volkshochschulen, Musikschulen und andere öffentliche und private Bildungseinrichtungen betroffen. Gleiches gilt für Zusammenkünfte in Sportvereinen, Freizeiteinrichtungen und Spielhallen sowie das Prostitutionsgewerbe.

Für Besuche in Kliniken gelten strenge Regeln. Zugelassen ist nur ein Besucher pro Patient und Tag. Ausnahmen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche.

Restaurants müssen die Kontaktdaten ihrer Besucher registrieren. Dadurch sollen bei Infektionen Kontaktpersonen ermittelt werden können. Zwischen den Tischen muss ein Mindestabstand von zwei Metern sein. "Der Gesundheitsschutz steht jetzt an erster Stelle" sagte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Gemeinsam könne es gelingen, das Virus zu bremsen.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) warnte vor Hamsterkäufen in Supermärkten. "Es gibt keine Versorgungsengpässe, wir können alles sofort nachliefern", sagte er NDR 1 Welle Nord. Arbeitnehmern riet er, am Montag zur Arbeit zu gehen oder in den Unternehmen nachzufragen, ob und wie Arbeit von zu Hause möglich sei. "Es spricht nichts dagegen, in ein normales Büro zu gehen, es spricht nichts dagegen, in ein normales Geschäft zu gehen und Menschen mit Abstand normal zu beraten und zu bedienen und den Einzelhandel ganz normal aufrecht zu erhalten."

Unter anderem auf dem Flensburger Campus bleiben die Mensen und die Zentrale Hochschulbibliothek bis zum 19. April geschlossen. Prüfungen seien abgesagt und verschoben worden, teilte die Hochschule weiter mit. Das Land hatte beschlossen, dass Lehrveranstaltungen an allen Hochschulen ausfallen sollen. Mensen und Hochschulbibliotheken sollen geschlossen werden.

Ab Montag will die Landesregierung in täglichen Kabinettssitzungen ihr weiteres Vorgehen abstimmen - per Telefonkonferenz. Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) sprach von einem Stresstest für das Gesundheitssystem und das gesellschaftliche Zusammenleben. "Das konsequente und schnelle Herunterfahren des öffentlichen Lebens bringt eine besondere Situation für alle."

Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus ist im nördlichsten Bundesland am Samstag um mindestens zwölf weitere Fälle gestiegen. Die Zahl der bestätigten Coronafälle lag damit laut Gesundheitsministerium bei 60 (Stand 13.45 Uhr). In dieser Statistik waren allerdings drei weitere Infektionen in Flensburg, von denen die Stadt am Samstag berichtete, noch nicht berücksichtigt.

Das Nachbarland Dänemark machte Samstag wie angekündigt die Grenze zu Deutschland dicht - ausgerechnet am 14. März. Exakt 100 Jahre zuvor war die Grenze zwischen Deutschland und Dänemark nach Volksabstimmungen - am 10. Februar 1920 in Nordschleswig und am 14. März 1920 in einer südlich gelegenen zweiten Zone - bestimmt worden.

Dänische Staatsbürger können weiterhin ins Land einreisen. Ausländer dürfen die Grenze bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr überqueren. Die Maßnahme soll zunächst bis zum 13. April dauern. Ein Verkehrschaos, das die Polizei infolge der Schließung befürchtet hatte, blieb vorerst aus. Die Situation an der Grenze sei entspannt, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Nach Angaben der schleswig-holsteinischen Polizei kam es zu keinen größeren Staus.