Itzehoe/Tornesch. Es ist ein Mord, der trotz eines Geständnisses des Angeklagten nur schwer verständlich ist. Ein Stiefvater will Verantwortung übernehmen und helfen, doch nach wenigen Tagen endet alles in einem Blutbad.

Erstickt, erstochen und geköpft: Mit extremer Brutalität hat Olaf P. seine Stieftochter getötet. Das Motiv der Tat ist trotz des Geständnisses des Angeklagten nur schwer verständlich. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 55 Jahre alten Mann aus Tornesch (Kreis Pinneberg) Mord aus Heimtücke vor. Er soll seine 36 Jahre alte Stieftochter Nina im August 2019 getötet haben, während sie im Einfamilienhaus des Angeklagten schlief.

Er habe in der Nacht zum 21. August erst seine Stieftochter töten wollen - und dann sich selbst, schrieb er in der Tatnacht in einem Abschiedsbrief. Doch sein Versuch, sich mit Abkleben von Mund und Nase selber zu ersticken, sei erfolglos gewesen. Er habe das Klebeband wieder aufgeschnitten.

Der Angeklagte räumte ein, er habe die auf dem Sofa schlafende Frau mit einer Hantel geschlagen, sie gewürgt, mit einem Messer auf sie eingestochen und ihr mit Klebeband Mund und Nase verschlossen. "Ich hatte keine Ahnung, wann sie tot war", sagte er. Vermutlich deshalb habe er seiner Stieftochter auch noch den Kopf abgetrennt. Am Morgen gegen neun Uhr habe er über Notruf die Polizei alarmiert. Weil er nicht wollte, dass sein Stiefsohn durch einen Zufall die Leiche seiner Schwester entdecken könnte, sagte der 55-Jährige.

Das Warum der Bluttat blieb auch nach dem Geständnis des Angeklagten schwer verständlich. Nina war nicht sein leibliches Kind. Doch er habe das Mädchen aufwachsen sehen. Irgendwann sei Nina wie ein eigenes Kind gewesen, sagte er. Doch spätestens mit dem Tod seiner Frau im Jahr 2015 sei ihm seine Stieftochter fremd geworden. Er sah sie nur noch an den Feiertagen - "zu Weihnachten und Geburtstag", sagte er. "Ich habe an ihrem Leben nicht teilgenommen, wusste wenig von ihren Problemen."

Das änderte sich, als die 36-Jährige im Sommer 2019 von ihrem Lebensgefährten aus der Wohnung geworfen wurde. Weil der Angeklagte sich verantwortlich fühlte, und seiner Stieftochter helfen wollte, holte er sie zu sich und ließ sie in seinem Wohnzimmer schlafen. Es sollte nur für eine Nacht sein, betonte er. Denn "ich wollte sie eigentlich gar nicht bei mir haben". Einmal habe er sogar die Polizei gerufen, damit die Beamten die junge Frau vor die Tür setzten. "Das tut mir jetzt noch leid", sagte er.

Sie zog zu Bekannten, kam wieder zurück zu ihm. Dann fand sie eine eigene Wohnung, zog erneut aus. Doch nur für eine Nacht. Schon am frühen Morgen klopfte der Angeklagte bei ihr, um sie zurückzuholen. "Nina mag eine Sucht haben, aber sie hat mehr Mumm als ich", schrieb er in der Todesnacht in dem Abschiedsbrief. "Ich werde sie nicht wieder los."

Das Zusammenleben mit seiner Stieftochter habe ihn aus seiner "Komfortzone" gerissen, sagte der Angeklagte. Er habe nach dem Tod seiner Frau vier Jahre lang ein gutes, stressfreies Leben gehabt. Doch mit Ninas Erscheinen sei er nervös geworden, habe unter Anspannung gelitten. Einerseits habe er Mitleid mit seiner Stieftochter gefühlt, aber auch Selbstmitleid gehabt.

"Wir haben wenig geredet", schilderte der 55-Jährige die wenigen gemeinsamen Tage vor dem Tod seiner Stieftochter. "Mir haben Sie gesagt: ‘Ich wollte mein Leben wieder haben - mein gewohntes Leben‘", sagte der Psychiater Prof. Arno Deister in der Verhandlung zum Angeklagten. Der nickte: "Das war mein Plan."

Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil wird frühestens Mitte März erwartet.