Hamburg.

Im Prozess um einen früheren Wachmann des KZ Stutthof soll der Göttinger Historiker Stefan Hördler weiter über die Ermordung von Juden berichten. Der Wissenschaftler hatte geschildert, wie im Hauptlager Schwache, Kranke und Sterbende sich selbst überlassen wurden. "Sie wurden durch gezieltes Unterlassen ermordet", sagte der Historiker im Prozess, der heute vor dem Landgericht fortgesetzt wird.

Stutthof habe im Winter 1944/45 eine der höchsten Sterberaten des nationalsozialistischen KZ-Systems gehabt, berichtete der Historiker. Das Lager sei am Rande der Funktionsfähigkeit gewesen - mit mehr als 50 000 jüdischen Häftlingen. Hördler verwies auf Angaben des Lagerkommandanten, wonach Stutthof Ende August 1944 nicht mehr in der Lage gewesen sei, weitere Massentransporte aus aufgelösten Konzentrationslagern aufzunehmen.

Einem heute 93 Jahre alten Wachmann wird Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen vorgeworfen. Durch seinen Wachdienst von August 1944 bis April 1945 soll er "die heimtückische und grausame Tötung insbesondere jüdischer Häftlinge unterstützt" haben. Zu seinen Aufgaben habe es gehört, die Flucht, Revolte und Befreiung von Gefangenen zu verhindern. Der Historiker hält es für unwahrscheinlich, dass der Angeklagte nur auf einem Wachturm gestanden oder nur gelegentlich Häftlinge zur Arbeit nach draußen begleitet haben will. Die Wachleute seien auch zur Bewachung von Häftlingstransporten herangezogen worden. Es habe ein Rotationssystem gegeben, sagte der Historiker.

Der Prozess findet vor einer Jugendkammer statt, weil der Beschuldigte zur Tatzeit erst 17 bis 18 Jahre alt war.