Kiel. Eine neue Einsatz-Hundertschaft, Hilfe durch Cyberspezialisten und Ausgleich von Bereitschaften: Schleswig-Holsteins Polizei brauche dafür 733 neue Stellen, fordert die Gewerkschaft. Die Regierungspläne seien nur ein erster Schritt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat 733 zusätzliche Stellen bei der Polizei im Norden gefordert. "Bei der Polizeidichte liegt Schleswig-Holstein im Ländervergleich seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, auf einem der hinteren Plätze", sagte GdP-Landeschef Torsten Jäger am Dienstag. Der von der CDU-geführten Landesregierung beschlossene Aufbau von 500 neuen Stellen reiche nicht aus.

Die Gewerkschaft verlangt die Aufstellung einer kompletten zweiten Einsatzhundertschaft. Allein dies würde laut GdP 160 zusätzliche Stellen bedeuten, um die Sollgröße von 123 Polizisten im Einsatz sicherzustellen. Zudem fordern die Gewerkschafter 200 neue Stellen, um dem Arbeitsschutz gerecht zu werden. Beamte leisteten nach Darstellung Jägers teilweise ohne zusätzliche Vergütung Bereitschaften. "Sie machen das, weil sie überzeugte Polizisten sind." Der Gewerkschafter erinnerte an Ankündigungen von CDU, Grünen und FDP, im Koalitionsvertrag beispielsweise für eine verbesserte psychologische Nachsorge der Beamten zu sorgen.

Jäger schlug vor, statt bislang 400 Einstellungen pro Jahr an der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung in Eutin sowie der Verwaltungs-Fachhochschule in Altenholz künftig 500 Kräfte neu einzustellen. "Unsere Erwartungshaltung ist nicht, dass wir morgen 700 zusätzliche Stellen haben." Er rechnete vor, dass durch einen sehr hohen Krankenstand im Land von annähend zehn Prozent jeden Tag im Schnitt 800 Kollegen im Dienst fehlten. Hinzu kämen mehr als eine halbe Million Überstunden im vergangenen Jahr. Allein dies entspreche einem Gegenwert von 319 Polizisten.

Gewerkschaftsforderung bleibt es zudem, in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt eine Streife mehr im Einsatz zu haben als bislang. "Allein diese Forderung bedeutet unterm Strich 200 Stellen mehr", sagte Jäger. Er verwies aber auf Verbesserungen bei der Polizei in der Vergangenheit beispielsweise bei der Beförderungsstruktur.

Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) sprach von "perspektivischen Forderungen" der Gewerkschaft und verwies auf bereits beschlossene Schritte. "Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden 500 Polizistinnen und Polizisten bis 2023 zusätzlich eingestellt und ausgebildet." Zudem würden 173 zur kurzfristigen Streichung vorgesehene Stellen im Polizeibereich nun doch erhalten.

"Und mit 20 weiteren Stellen wurde im Kompetenzzentrum Digitale Spuren ein Schwerpunkt gesetzt", sagte Grote. Derzeit arbeite sein Haus an einem Konzept für eine zweite Einsatz-Hundertschaft. Daneben gehe es auch um die Bekämpfung der Cyberkriminalität, des Rechtsextremismus und des Antisemitismus.

Die SPD-Polizeipolitikerin Kathrin Bockey verwies auf die in allen Bereichen steigenden Anforderungen an die Polizei. "Die Begleitung von Großereignissen, immer komplexere Ermittlungsvorgänge in einer digital vernetzten Welt und berechtigte Forderungen der Bürger an eine Polizei vor Ort erfordern weiter erhöhte Einstellungszahlen über 2023 hinaus." Die Entlastung älterer Kollegen, die viele Jahre Wechselschichtdienst gemacht hätten, dürfe nicht zu Lasten der jüngeren Beamten gehen.