Kiel/Hamburg. Letzte Grüße von “Sabine“: Das abziehende Sturmtief bringt Schleswig-Holstein Schnee, Hagel und überfrierende Nässe, was zu dutzenden Glätte-Unfällen auf den Autobahnen führt. Fünf Sturmfluten nagen an der Nordseeküste, die Schadensbilanz steht noch aus.

Schneefall, Hagel oder überfrierende Nässe haben in Schleswig-Holstein zu Dutzenden Verkehrsunfällen geführt. Besonders betroffen waren in der Nacht zum Mittwoch und am Morgen die Autobahn A7 zwischen Rendsburg und Hamburg, die A23 zwischen Albersdorf und Elmshorn, aber auch die A1 in der Region Lübeck sowie die A21, wie die zuständigen Polizeidirektionen mitteilten. Zwei Menschen wurden schwer verletzt, einige leicht. Meist blieb es aber bei Blechschäden. Fünf Sturmfluten suchten seit Montag bis Mittwochnachmittag die Nordseeküste heim. In Hamburg konnte die S-Bahn wegen Hochwassers nicht an der Station Elbbrücken direkt am Fluss halten. Am Nachmittag konnte die Station wieder zum Ein- und Aussteigen genutzt werden.

In seinem Lagebericht für Schleswig-Holstein und Hamburg warnte der Deutsche Wetterdienst neben Sturmböen und Gewittern weiterhin vor Glätte durch Schnee, Schneematsch oder Graupel. Auch in der Nacht zum Donnerstag drohe überfrierende Nässe. Das Wetter sollte sich dann vorübergehend beruhigen.

Allein auf der Autobahn 7 bei Neumünster verunglückten in der Nacht etwa 20 Autos, wie ein Polizeisprecher sagte. Zwei Menschen seien leicht verletzt worden. Ein starker Hagelschauer hatte die Autofahrer nachts überrascht. Noch am Morgen sorgte Schneematsch für Gefahr. Etwa ein Dutzend Unfälle gab es in den Morgenstunden auf der A23 - unter anderem bei Albersdorf, Itzehoe, Schenefeld und Horst. Mehrere Menschen wurden nach Angaben der Polizei leicht und ein 30-Jähriger lebensgefährlich verletzt. Die Fahrtrichtung Hamburg war mehrere Stunden zwischen Heide Süd und Schenefeld gesperrt.

Bei Schneefall kam es auf der A21 am Dienstagabend zwischen den Anschlussstellen Wahlstedt und Daldorf zu einem schweren Unfall. Der 19-jährige Fahrer eines umgekippten Kleintransporters wurde schwer verletzt, als ein Laster trotz Vollbremsung in das Fahrzeug fuhr. Die A21 Richtung Kiel war etwa zwei Stunden gesperrt. Insgesamt 26 Glätte-Unfälle registrierte die Polizeidirektion Kiel innerhalb von 24 Stunden bis 6.00 Uhr am Mittwoch. Auf der A1 im Raum Lübeck krachte es seit Mitternacht vier Mal. Neben der Glätte mussten Autofahrer weiterhin auch auf Sturmböen gefasst sein.

Mit der Serie von fünf Sturmfluten nagte das Orkantief "Sabine" an Schleswig-Holsteins Nordseeküste. Der "Blanke Hans" beschädigte Deiche und riss Sand von den Stränden. Eine Schadensbilanz hat der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) noch nicht erstellen können. Denn am Mittwoch gab es an einigen Orten noch eine letzte Sturmflut. "Bis dahin können wir nur wahrnehmen, aber nicht messen", sagte Matelski. Am Donnerstag sollen Vermessungstrupps und ein Morphologe die Schäden untersuchen.

Auf Sylt gebe es unter anderem südlich Hörnum bis Odde Randdünenabbrüche sowie Vordünenabbrüche nördlich Hörnum bis Westerland, sagte LKN-Direktorin Birgit Matelski. Auf der Insel Föhr seien bei Utersum Teile des Strands beschädigt. Auf Nordstrand und in Büsum haben die Sturmfluten kleinere Schäden am Deckwerk verursacht. "Das ist nichts Dramatisches, das ist im Rahmen des Üblichen nach solchen Fluten", erklärte Matelski.

In Dagebüll wurde am Mittwochnachmittag nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ein Pegelstand von 1,60 Metern über dem mittleren Hochwasser gemessen, in Büsum ein Pegelstand von 1,52 Meter. Die kommenden Hochwasser werden nach BSH-Angaben erhöhte Pegelstände aufweisen, aber deutlich niedrigere als am Mittwochnachmittag.

Von einer Sturmflut spricht man an der Nordseeküste, wenn die Pegelstände 1,50 bis 2,50 Meter über mittlerem Hochwasser (MHW) liegen. Bei einer schweren Sturmflut wird das MHW um 2,50 bis 3,50 Meter überschritten. Bei einer sehr schweren Sturmflut werden an der Nordsee mehr als 3,50 Meter über MHW erreicht.

Fünf aufeinander folgende Sturmfluten sind an der Westküste Schleswig-Holsteins selten. In Husum gab es so etwas zuletzt 1993, wie Matelski sagte. In der Elbe komme das öfter vor - zuletzt 2015.

Die Ausläufer von Tief "Sabine" beeinträchtigten in Hamburg den Nahverkehr. Die S-Bahn konnte wegen Hochwassers zwar die Station Elbbrücken direkt am Fluss passieren, aber seit Dienstag nicht mehr dort anhalten. Grund war, dass über eine Öffnung im Uferwall die S-Bahn-Unterführung Zweibrückenstraße mit Wasser volllief und die Zugänge zur Station nicht mehr passierbar waren. Am Mittwochnachmittag war wieder alles okay.

Seit Montag ist die Hansestadt von vier Sturmfluten heimgesucht worden, am Mittwochmorgen war es eine schwere. Dabei lagen die Pegelstände 2,76 Meter höher als das mittlere Hochwasser, wie ein Sprecher des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sagte. Der Fischmarkt und einige Straßen am Hafen wurden überschwemmt. Einige Autos mussten aus dem Wasser gezogen werden. Am Mittwochabend fiel die fünfte Sturmflut mit bis zu 1,85 Meter über dem mittleren Hochwasser niedriger als zuvor aus. "Es wird besser", sagte ein BSH-Sprecher.