Das beste Möbeldesign Deutschlands kommt aus dem Hamburger Kult-Möbelhaus „Die Wäscherei“. Mit ihrem hauseigenen Design „Credo“ stellen Michael Eck und sein Team die Entwürfe renommierter Möbelhersteller in den Schatten. Grund genug, dem Hausherrn zu seinem Coup persönlich zu gratulieren...

Neujahrsempfang in der Wäscherei: Schon am Eingang verkündet ein Plakat den German Design Award 2020 für das Sofa „Credo“. Aus der Accessoires-Abteilung ist der Christschmuck verschwunden, dafür gibt es jede Menge neuer Deko-Artikel in Form von Vasen, Zierfiguren, Pflanzen oder Leuchten. Auch in den Kojen hat sich offenbar einiges getan. Den Überblick über die Neuheiten und damit auch über die aktuellen Trends im Möbelmarkt bewahrt vor allem Hausherr Michael Eck. Er empfängt im hauseigenen Bistro im Obergeschoss. Auf dem Tisch liegt schon ein Blatt Papier, auf dem er die Stationen des heutigen Rundgangs notiert hat.

Hamburger Abendblatt: Herr Eck, erst einmal ein Frohes Neues Jahr – und herzlichen Glückwunsch zu „Credo“...

Michael Eck: Ja, der Rat für Formgebung hat uns für Credo mit dem German Design Award 2020 ausgezeichnet. Darauf sind wir natürlich sehr stolz. Unsere Kunden honorieren offenbar, dass zumindest wir mutig sind, etwas schräger und anders zu denken, als die doch sehr vorsichtigen und eher risikoaversen Hersteller, deren Einfallslosigkeit ich ja schon einige Male angesprochen hatte.

Herr Eck, diesbezüglich haben Sie nie ein Blatt vor den Mund genommen, aber das ist ein anderes Thema. Womit genau hat die Jury ihre Entscheidung für Credo genau begründet?

Ihnen hat, wie ich verstanden habe, wohl vor allem die Mischung zwischen modernem, zeitlosem Design und dem Retro-Look gefallen, den wir durch die Quernähte erzeugt haben. So ein Entwurf entsteht nicht über Nacht. Wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht, wie wir Zitate aus dem ästhetischen Erbe unserer Vergangenheit elegant und raffiniert in unsere zeitgemäße Formensprache integrieren können. Es sollte etwas ganz Neues entstehen, das gleichzeitig ein Gefühl von Vertrautheit erzeugt – eben weil Credo an historische Vorbilder anknüpft, die sich tief in unserem kollektiven Unterbewussten verankert haben.

Am Wochenende haben Sie ja das Calypso-Sofa aus der Wäscherei-Kollektion vorgestellt. Wie ist die denn angekommen?

Sehr gut natürlich, eine andere Meinung hätte ich von den Gästen nicht akzeptiert (lacht). Wir können es uns gern ansehen (steht auf und geht voran zu der Koje im unteren Stockwerk, in der das neue, mit blauem Samt bezogene Loungesofa mit mehreren Kissen als eine Art gepolsterte Lagune inszeniert ist).

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© Die Wäscherei

Wie kam das Sofa zu seinem Namen? Calypso ist doch ein Musikstil, ich denke da zuerst an Harry Belafonte...

Ich bitte Sie! Ich dachte, Sie seien Waldorfschülerin... Also: Der Name entstammt der griechischen Mythologie. Auf der Insel Ogygia hat die Nymphe Kalypso den havarierten Odysseus sieben Jahre lang festgehalten. Wissen Sie das etwa nicht mehr? Der Farbton ist deshalb ganz dem schillernden Blau des Wassers nachempfunden. Jetzt gebe ich Ihnen schon Nachhilfe in Geschichte...(lacht).

Danke, dass Sie meine Wissenslücken schließen. Eines weiß ich aber immer noch nicht: Was sind denn die besonderen Merkmale dieses Sofas?

Der Stilmix. Calypso verbindet moderne, kantige Konturen und eine ausladende, äußerst bequeme Sitzfläche mit verspielten Elementen in Form goldener, geschwungener Beine. Die erinnern etwas an Sitzmöbel der Jahrhundertwende. Es ist also das gleiche Spiel, wie mit Credo: Wir schlagen die Brücke zwischen verschiedenen Design-Epochen, indem wir deren jeweilige Schlüsselelemente in der Formensprache zu neuen, aufregenden Kreationen verbinden.

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© Die Wäscherei

Apropos Zeitreise: Ich habe auf dem Hinweg einige Lampen mit Vögeln gesehen, die irgendwie an die Kitschkultur des 19. Jahrhunderts erinnern...

Das stimmt. Sie meinen die schönen Entwürfe von Marie Matin (geht voran zu den Lampen im Boudoir-Stil, in deren Mitte über dem Fuß ein riesiger goldener Vogel hängt). Das ist wirklich sehr, sehr teurer Kitsch, aber ist er nicht großartig? Sie glauben nicht, wie viele Kunden diese Lampen hier schon geordert haben.

Gibt es etwa eine Renaissance des Kitsches?

Die gibt es schon lange. Eigentlich gab es immer einen Markt für gehobenen Kitsch, wie Sie ja an unserem Sortiment sehen können. Gut gemachter, handwerklich perfekter Kitsch läuft immer. Zur gediegenen, funktionalen Ernsthaftigkeit unserer heutigen Wohnräume bildet er einen geradezu befreienden Kontrapunkt.

Wie bitte?

Ja, er ist einfach nur da, vollkommen sinnlos und dennoch auf fast, sagen wir: perverse Weise schön. Jemand hat Kitsch einmal als „Gestaltung erkenntnisloser Wunschbilder“ beschrieben. Das stimmt nicht ganz, viele unserer Kitschobjekte, wie diese Lampe, greifen alte Stilvorbilder aus Gründerzeit und Jugendstil auf und karikieren sie auf fast hintersinnige Weise – wie etwa durch diesen überdimensionierten Papagei...

Welche, sagen wir: massenkompatibleren Lampen gibt es denn alternativ?

Zu den Top-Neuheiten gehören auf jeden Fall diese filigranen, wolkenartigen Gebilde aus Draht (zeigt auf ein Modell, das über einem Tisch zu schweben scheint) und diese sehr reduzierten Plexiglas-Ellipsen, die an die 70er-Jahre erinnern. Gerade bei Lampen sind der Gestaltungskraft keine Grenzen gesetzt.

Bei anderen Möbeln ja im Grund auch nicht. Was gibt es hier an neuen Trends?

Bei Betten geht es zu opulenteren Rückenelementen, da sich hier am ehesten ein starkes gestalterisches Statement setzen lässt. Auch bei den Sofas haben wir sehr viele Neuheiten, bei denen nach wie vor die großflächigen, loungigen Modelle dominieren. Wenn Sie ein Regal suchen, kann ich Ihnen nur die Firma Sudbrock ans Herz legen. Hier stimmt alles: Funktionalität, Ästhetik und hochwertige Verarbeitung gehen Hand in Hand.

Wie sieht es bei den Textilien aus?

Bei den Bezugsstoffen sind vor allem Breitcord und Samt gefragt. Blau- und Grüntöne sind die Favoriten der Saison, das sieht man auch in der Mode. Bei Samt gibt es sehr schöne Optiken im Used-Look, was der Oberfläche, gerade bei Lichtbrechung, den Stoffen eine sehr schöne und lebendige Struktur verleiht.

Letzte Frage: Hat sich bei Timothy Oulton etwas getan?

Da tut sich immer etwas (er geht voran in den Showroom des britischen Designers, wo er vor einem wuchtigen Holzschrank stehenbleibt). Das ist ein Objekt mit dem Charme alter Dielenschränke, wie man aus Schlössern kennt. Das ist allerdings eher etwas für den Objektbereich. Den Schrank verkaufen wir vor allem an Hotels oder Privathaushalte mir sehr, sehr viel Platz. Besonders am Herzen liegt mir dieses Sitzmöbelstück (Eck geht zur Ledergarnitur inklusive Couchtisch mit dem Muster der Britischen Flagge).

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© Die Wäscherei


Das ist doch mal ein Statement, oder? Ich weiß nicht, ob Timothy Oulton ein Patriot ist, tippe aber mal, dass dieses „Brexit-Sofa“, wie wir es hier nennen, ein ironischer Kommentar zum um sich greifenden Patriotismus seiner Landsleute sein könnte. Aber das führt jetzt wirklich zu weit. Politik ist nicht unser Thema, wir haben Gott sei Dank nur Möbel hier.

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