Wellingsbüttel. Seit mehr als einem Jahr dominiert in der Rolfinckstraße in Wellingsbüttel das Rot-Weiß der Verkehrsbaken. Die Hauptverkehrsstraße wird umgebaut und ist derzeit eine einspurige Einbahnstraße. Die großen Verlierer sind die Wellingsbüttler Gewerbetreibenden. Aufgrund gesperrter Parkplätze haben Kunden kaum noch Parkmöglichkeiten vor den Geschäften. Die Folgen: Kundenrückgang und weniger Umsatz.
Beim Rewe-Supermarkt an der Ecke Wellingsbüttler Weg finden Autofahrer zurzeit noch Parkplätze. Andere Kunden müssen aber zum Parken in die Seitenstraßen ausweichen und dann lange Wege zu den Geschäften in Kauf nehmen. „Für die meisten Leute sind die Umwege einfach zu groß“, beklagt Rolf-Detlef Willer vom Juwelier Willer. „Sie fahren lieber ein paar Straßen weiter zum Alstertaler Einkaufszentrum.“ Seit Baubeginn seien daher die Umsätze der meisten Geschäfte in der Straße um rund 50 Prozent gefallen, sagen die Gewerbetreibenden.
Besonders schwer ist das Süßwarengeschäft Le petit Chocola Thé betroffen. „Im letzten Weihnachtsgeschäft hatten wir bereits große Einbußen. Nur die Kulanz unseres Vermieters hält uns noch am Leben“, sagt die Inhaberin Tanja Haaf. Ein erstes Opfer der langen Bauarbeiten hat es bereits gegeben: ein Bäcker an der Bushaltestelle S-Bahn Wellingsbüttel. Seit Februar ist die Bushaltestelle nämlich verlegt. Dem Laden fehlte ein Großteil seiner Kundschaft, er musste schließen.
Die Bauarbeiten sorgen aber nicht nur für weniger Umsatz für die Geschäfte, sondern behindern schon seit langer Zeit die tägliche Arbeit. So stellt der tägliche Lärm für Elena Moschoudis vom Hörgeräte-Laden O-Ton ein Problem dar: „Wir haben zwar für unsere Gehörtests Schallisolationen. Der Lärm von der Baustelle vor der Tür macht unsere Arbeit dennoch fast unmöglich.“
Thorsten Käding, Inhaber des Cafés Reinhardt am Anfang der Rolfinckstraße, bemängelt vor allem die mangelnde Kommunikation zwischen den Baubehörden und den Gewerbetreibenden vor Ort. „An einem Freitagnachmittag kommen Vertreter der ausführenden Baufirma und teilen uns mit, dass ab Montag vor unserer Tür der Boden aufgerissen wird. Wir wünschen uns vorausschauende Absprachen und möchten von der Politik wahrgenommen werden. Viel Raum für Diskussion oder Mitgestaltung gibt es aber nicht“, so Käding.
Unterdessen lassen sich viele Bewohner des Stadtteils von den Schwierigkeiten nicht abschrecken. Uwe Köhn und Alfred Gädtjens wohnen seit 20 Jahren in Wellingsbüttel und sagen: „Wir halten zu den Geschäften in der Rolfinckstraße. Wir bedauern die Inhaber, weil wir vorher auch Geschäftsleute waren.“
Von mangelnder Koordination zwischen Baubehörden und Gewerbetreibenden in Hamburg spricht auch der Einzelhandelsverband Nord. „Der Einzelhandel ist besonders von seiner Erreichbarkeit abhängig. Bei den Baumaßnahmen können sich Gewerbetreibende aber schon seit Jahren kaum beteiligen oder mitbestimmen. Wir stehen zwar in Kontakt mit den Behörden, die Interessen des Gewerbes berücksichtigen sie aber kaum“, so Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord.
Die Hamburger Verkehrsbehörde äußerte sich bisher nicht zu dem Vorwurf, dass die Interessen der Gewerbetreibenden nicht berücksichtigt worden seien. Die verlängerten Bauarbeiten erklärt sie mit unerwarteten Arbeiten an Baumwurzeln. Der Bauvorgang habe daher dreimal so lange gedauert wie geplant. Um diese Verzögerungen wieder zu kompensieren und eine Verkehrsfreigabe noch vor der Winterzeit zu ermöglichen, sei der Bauablauf optimiert und der Personal- und Geräteeinsatz erhöht worden, heißt es.
Ziel der Bauarbeiten ist es, die Haltestellen den HVV-Gelenkbussen anzupassen sowie durchgängige und sichere Radwege zu bauen. Dazu sollen 70 Fahrradstellplätze geschaffen werden und sieben Parkplätze wegfallen. Der gesamte Umbau kostet etwa 3,9 Millionen Euro. Nach Angaben des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer werden die Bauarbeiten noch bis Ende November andauern. Der Bauleiter vor Ort zeigte sich optimistisch: „Hier arbeiten täglich an die 20 Leute. Außerdem wurde die Straße an drei Wochenenden ab Mitte Juni voll gesperrt. Wir tun unser Bestes, um bis Ende November fertig zu werden. “
Die Problematik der Wellingsbüttler Geschäfte ist kein Einzelfall: Auch am Eppendorfer Baum mussten während der wesentlich kürzeren Baumaßnahmen von Oktober 2017 bis zum November 2017 mehrere Geschäfte schließen. Nur ungern denken die Wellingsbüttler Kaufleute daran. Bis zum wichtigen Weihnachtsgeschäft, hoffen sie, sind die Baumaßnahmen endlich beendet – und die Kunden finden wieder in die Läden.
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