Hamburg. Früher gab es hier Vieh- und Wochenmärkte – heute ist der Eimsbüttler Marktplatz nach den Worten von Bezirksamtsleiter Kay Gätgens ein „Unort“. Ein vielspuriger und überdimensionierter Verkehrsknotenpunkt mit 75.000 Fahrzeugen pro Tag. Jetzt will man die Wunden, die die 1950er-Jahre und ihr Bedarf einer autogerechten Stadtgestaltung dem Ort zugefügt haben, heilen.
„Wir Eimsbütteler drehen dem Eimsbütteler Marktplatz heute den Rücken zu. Dies soll sich ändern!“, sagt Gätgens. Sein Wunsch: Der Eimsbüttler Marktplatz soll zu einem "attraktiven und urbanen Stadtraum mit hoher Aufenthaltsqualität" umgebaut werden. Das umfasse auch eine entsprechende Neuordnung der Verkehrströme der Kieler Straße sowie der Fruchtallee und soll „perspektivisch in den nächsten zehn bis 15 Jahren“ erfolgen.
Kompakter Kreisel am Eimsbütteler Markt?
In einem Interview mit dem Elbe Wochenblatt hatte der Bezirksamtsleiter die Idee eines kleineren, kompakten Kreisels erwähnt, durch den sich Platz für Wohnungen, Läden, Büros und Cafés gewinnen ließe. Auch einen Übergang zum neugestalteten Bahnhof Diebsteich stellt sich Gätgens vor.
„Konkrete Schritte in diese Richtung gibt es noch nicht“, betont er. Doch werde der Eimsbütteler Marktplatz durch seine Lage zwischen dem neuen Fernbahnhof Diebsteich und der Osterstraße eine völlig neue Funktion erhalten. „Er ist an dieser historischen Schnittstelle zugleich Auftakt für das Kerngebiet Eimsbüttels und für das neue Quartier am Diebsteich.“
Dort wo jetzt noch vielspurig Verkehr durchrausche und sich niemand gerne länger aufhalte, solle eine bauliche Neugestaltung dem alten Marktplatz „eine neue, urbane und attraktive Funktion und Gestalt“ geben, zum Beispiel mit Gebäuden, in denen unten Läden und Cafés und in den Obergeschossen Wohnungen untergebracht würden, sowie mit attraktiven, gut nutzbaren Wegen und Grünflächen.
Leitbild "Eimsbüttel 2040"
Ebenso wie bei „Eimsbüttel 2040“, einem kürzlich vorgestellten bezirklichen Leitbild für die künftige Stadtteilentwicklung, und den laufenden Planungen für den Fernbahnhof Diebsteich sollen auch bei der Umgestaltung des Eimsbütteler Marktplatzes Bürger mitreden dürfen. „Ich kann mir gut vorstellen, dass interessierte Bürger, vielleicht auch die Geschichtswerkstatt, große Lust und Interesse daran haben, diesen Prozess der Neuerfindung des Eimsbütteler Marktplatzes von Anfang an mitzugestalten und damit diesen vergessenen Ort wieder lebendig zu machen“, betont Gätgens.
Tatsächlich ist die Umgestaltung des Eimsbüttler Marktplatzes im weiteren Sinne Bestandteil der Rahmenplanungen für den neuen Fernbahnhof. „Wir sind mit dem Bezirk Altona an den Planungsprozessen beteiligt, weil bei der Neugestaltung des Diebsteich-Areals auch Teilflächen von Eimsbüttel betroffen sind“, so Gätgens.
Barbara Ketelhut, Sprecherin der Behörde für Stadtentwicklung, bestätigt: "Der sich aus der Verlagerung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona ergebende Entwicklungsimpuls soll durch die vorbereitende Untersuchung und Rahmenplanung genutzt werden, um städtebauliche Strukturen im umgebenden Stadtraum neu zu ordnen und eine optimale verkehrliche Einbindung im gesamtstädtischen Interesse zu sicherzustellen. Deshalb ist es notwendig durch den Rahmenplan übergreifende, städtebauliche-landschaftsplanerische Ideen zu entwickeln, die räumlich über den Bereich der vorbereitenden Untersuchungen hinausgehen.
Grindelallee könnte Uni-Boulevard werden
Auch das Uni-Umfeld will Gätgens perspektivisch aufwerten. „Wenn die U5 gebaut wird, sollte man über die Umgestaltung der Grindelallee nachdenken“, so der Bezirksamtsleiter. Seine Idee: Die Grindelallee könnte zwischen dem Campus Von-Melle-Park und dem Campus Bundesstraße zu einer Art Universitätsboulevard werden.
Die U5, die unterhalb der Straße verlaufe, würde den heute sehr enggetakteten Busverkehr und damit auch die Busspuren überflüssig machen. „Die Grindelallee könnte dann zu einer richtigen Allee mit Cafés und Außengastronomie werden.“ Zwar werde die U5 frühestens in 15 Jahren fahren, doch schon jetzt müsse man bevorstehende Veränderungen im Bezirk im Blick haben.
Eimsbüttel könnte bald 290.000 Einwohner haben
Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird Eimsbüttel bis 2040 voraussichtlich von 260.000 auf dann 290.000 Einwohner anwachsen, bis 2040 würden rund 20.000 neue Wohnungen benötigt. Wohin der Bezirk in den kommenden Jahrzehnten steuern will, hat er in der Konzeptstudie „Eimsbüttel 2040 Zukunft. Lebenswert. Gestalten“ festgehalten. Um ein Meinungsbild von den Bewohnern zu erhalten, waren 1400 Bürger befragt worden.
Zu den sieben Kernzielen gehört unter anderem, das Potenzial der Hauptverkehrsstraßen für den Wohnungsbau auszuschöpfen und die einzelnen Stadtteilkerne deutlich zu stärken. Auch die Grünflächen sollen besser strukturiert, in gewachsenen Vierteln behutsam nachverdichtet und die Verkehrswege optimiert werden.
Die Frage, wie der Straßenraum aufgeteilt und dem Nutzungskonflikt zwischen Fahrrad und Auto begegnet werden könne, stand für viele ganz vorne in der weiteren Planung des Stadtteils. Kay Gätgens: „Sinn und Zweck unseres Konzepts: Statt Veränderungen kurzatmig hinterher zu laufen, wollen wir die Zukunft des Bezirks aktiv lebenswert gestalten.“
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