Wirtschaft

Wie Familien vom Baukindergeld profitieren

| Lesedauer: 8 Minuten
Steffen Preißler
Mit dem Baukindergeld sollen sich mehr Familien ein Eigenheim leisten können

Mit dem Baukindergeld sollen sich mehr Familien ein Eigenheim leisten können

Foto: Rainer Berg / dpa-tmn

500 Hamburger mehrkönnen sich dadurch trotz hoher Preise Eigenheim leisten. Was Interessierte wissen müssen.

Hamburg.  Noch in diesem Jahr sollen Ersterwerber von Immobilien Baukindergeld beantragen können. Der über zehn Jahre verteilte staatliche Zuschuss soll die Wohneigentumsquote erhöhen. Welche Leistungen sind zu erwarten? Wie viele Familien in Hamburg können sich dadurch Wohneigentum leisten? Was ist zu beachten? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.


Was ist das Baukindergeld?

Das ist ein staatlicher Zuschuss für den Ersterwerb von selbst genutztem Wohneigentum durch Familien. Pro Kind und Jahr gibt es für einen Zeitraum von zehn Jahren jeweils 1200 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern erhält über zehn Jahre insgesamt 24.000 Euro vom Staat.


Wer bekommt Baukindergeld?

Anspruch auf das Baukindergeld haben Familien mit mindestens einem Kind, aber es gibt Einkommensgrenzen. Das zu versteuernde Jahreshaushaltseinkommen darf maximal 75.000 Euro im Jahr betragen. Pro Kind erhöht sich diese Einkommensgrenze um 15.000 Euro. Vom Bruttoeinkommen werden allerdings noch Posten wie Werbungskosten oder Sonderausgaben abgezogen, bevor das zu versteuernde Einkommen erreicht wird. „Eine Familie mit zwei Kindern, wo beide Elternteile berufstätig sind, kann zusammen einen Bruttolohn von rund 138.000 Euro haben“, rechnet Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine, vor. Berücksichtigt werden nur Kinder, die zum Zeitpunkt der Antragstellung jünger als 18 Jahre sind. Kinder, die nach Antragstellung noch geboren werden, haben keinen Einfluss auf die Förderhöhe. Im Gegenzug ist es aber „förderunschädlich“, wenn ein Kind im Laufe des zehnjährigen Förderzeitraumes das 18. Lebensjahr erreicht oder auch aus dem elterlichen Haus auszieht.

So wird Baukindergeld beantragt


Wie werden die Einkommensgrenzen ermittelt?

Maßgeblich sind die Einkünfte der beiden Kalenderjahre vor der Antragstellung. Die genaue Ermittlung ist aber noch offen. Wird ein Durchschnittswert aus den beiden Jahren gebildet, oder darf in keinem der Jahre die Einkommensgrenzen überschritten werden? Da zwei Jahre herangezogen werden, gibt es für Antragsteller, die erst in Zukunft den Immobilienerwerb planen, Gestaltungsmöglichkeiten, wenn sie befürchten, die Einkommensgrenze zu überschreiten. Entscheidend ist das Einkommen bei Antragstellung. Eine spätere Überprüfung des Einkommens ist nicht geplant.


Für welche Immobilien wird Baukindergeld gewährt?

Generell gibt es das Baukindergeld nur für den Ersterwerb einer selbst genutzten Immobilie, egal ob Einfamilienhaus, Reihenhaus oder Eigentumswohnung. Es spielt keine Rolle, ob es sich um einen Neubau oder ein Objekt aus dem Bestand handelt. Eine Begrenzung der Wohnfläche, wie ursprünglich geplant, gibt es nicht mehr. Gefördert werden selbst genutzte Immobilien, die seit dem 1. Januar 2018 gekauft wurden. Bei Neubauten ist das Datum der Baugenehmigung entscheidend.


Wie wird das Baukindergeld beantragt?

Die Beantragung soll über die KfW-Bank erfolgen. Noch gibt es dazu aber keine Details. „Eine Antragstellung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich, da die Vorbereitungen für die Einführung des Baukindergelds noch laufen“, sagt eine Sprecherin des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Interessierte müssen also warten, bis die Beantragung bei der KfW möglich ist. Eine Antragstellung kann dann rückwirkend erfolgen.

Baukindergeld kommt noch in diesem Jahr


Kann ich die Förderung schon für den Immobilienerwerb einplanen?

Es ist sicher, dass das Baukindergeld noch in diesem Jahr kommt. „Es ist kein Gesetzgebungsverfahren notwendig“, sagt eine BMI-Sprecherin. Der Haushaltsausschuss habe die Mittelfreigabe schon beschlossen. Dennoch warnt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest davor, die Mittel fest für die Finanzierung der monatlichen Rate einzuplanen, wenn man jetzt eine Immobilie erwirbt. „So weit würde ich nicht gehen“, sagt Sahr, der das Baukindergeld eher als zusätzliche Liquidität ansieht. „In der Regel bieten Baukredite eine kostenlose Sondertilgung von jährlich fünf Prozent der Kreditsumme. Damit gibt es ausreichend Spielraum, um das Baukindergeld in eine jährliche Sondertilgung fließen zu lassen.“ Vorteile: Der Kredit ist dann schneller abbezahlt, und die Restschuld ist geringer, wenn die Zinsbindung ausläuft. In keinem Fall sollte das Baukindergeld dazu verleiten, überstürzt und bei knappem Budget eine Finanzierung abzuschließen. „Die monatliche Belastung sollte 40 Prozent des Familieneinkommens nicht übersteigen“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. „In die Rechnung darf nicht nur die reine Kreditrate einfließen, sondern auch laufende Kosten wie Heizung, Wohngeld für eine Eigentumswohnung oder Grundsteuer müssen berücksichtigt werden.“


Hilft das Baukindergeld beim Immobilienkauf in Hamburg?

Aufgrund der hohen Immobilienpreise „läuft das Baukindergeld in Hamburgs ins Leere“, sagt Scobel. Zu dieser Einschätzung kommen auch eine Reihe von Studien. „In Ballungsräumen mit hoher Nachfrage und geringem Angebot haben sich die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren so stark verteuert, dass das Baukindergeld kaum Wirkung zeigen wird“, sagt Carsten Schlabritz vom Internetportal immowelt. So beträgt in Hamburg der Anteil der neuen Förderung am durchschnittlichen Immobilienpreis (mindestens vier Zimmer ab 80 Quadratmetern Wohnfläche) inklusive der Erwerbsnebenkosten lediglich 2,7 Prozent. In Berlin sind es 3,8 Prozent. Das reicht nicht einmal annähernd, um die Erwerbsnebenkosten zu bezahlen. „In Hamburg wird das Baukindergeld in diesem Jahr zusätzlich 500 Familien in die Lage versetzen, Wohneigentum zu erwerben“, sagt Reiner Braun, Vorstand des Immobilienforschungsinstituts Empirica, der zusammen mit den Landesbausparkassen eine Studie zu Ersterwerberfamilien erstellt hat. Wie viele Familien in den kommenden zwei Jahren bis 2020 noch hinzukommen, lässt sich nicht absehen. Hamburg hat mit nur 13 Prozent der potenziellen Erwerberfamilien die niedrigste Quote im Bundesvergleich. In Hamburg sind die Preise so hoch, dass die Zuschüsse den Familien kaum über die Eigenkapitalschwelle helfen werden. Dabei wird von einem Eigenkapitalanteil von 25 Prozent des Kaufpreises zusätzlich zu den Erwerbsnebenkosten ausgegangen.

Mit Zahl der Kinder steigt Zulage


Wie reduziert das Baukindergeld die monatliche Belastung?

Familien mit zwei oder mehr Kindern haben den größten Entlastungseffekt, weil mit der Zahl der Kinder die Zulage steigt. Die monatliche Belastungsquote aus der Kreditrate sinkt bei einer Familie mit einem Durchschnittsnettoeinkommen von 45.138 Euro und zwei Kindern um bis zu sechs Prozentpunkte, wenn das Baukindergeld mit eingerechnet wird. Das betrifft den Immobilienkauf in den Stadtteilen Bergedorf, Billstedt, Eidelstedt, Harburg und Poppenbüttel, wie das Center für Real Estate Studies (CRES) in einer Studie ermittelte (siehe Grafik). In Altona liegt eine Familie mit zwei Kindern ohne Baukindergeld bei der monatlichen Belastung deutlich über den maximal angestrebten 40 Prozent. Durch die Förderung rutscht sie knapp darunter, auf 39 Prozent. Ihre monatliche Belastung würde sich von 1682 Euro auf 1482 Euro reduzieren, rechnet CRES vor. Der Familie wird ein Monatseinkommen von 3761 Euro unterstellt, das für alle Beispielfälle gilt. Die gekauften Wohnungen werden jeweils zu 80 Prozent finanziert. Stadtteile wie HafenCity oder St. Pauli, die auch mit Baukindergeld Belastungsquoten von mehr als 40 oder 50 Prozent aufweisen, wurden nicht mit in die Grafik aufgenommen.


Werden die Immobilienpreise durch die Zuschüsse noch stärker steigen?

„Dort, wo die Immobilienpreise ohnehin schon hoch sind, also in Städten wie Hamburg, Berlin oder München, wird die Zulage preistreibend wirken“, sagt Immobilienexperte Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). „Denn gerade in diesen Zentren sind die Grundstücke sehr knapp.“ In ländlichen Regionen werde durch die Zulage eher die weitere Zersiedelung durch neue Baugebiete gefördert.

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